Mittwoch, 24. November 2010

Heaven Shall Burn & As I Lay Dying

Da ja mittlerweile jede drittklassige weißdergeiercore-Kapelle auf ihren Shows Eintrittspreise von an die 30€ verlangt, war der erste Gedanke bei der Bekanntgabe der Co-Headlinertour von AILD und HSB: „Knacken die demnächst auch die 40€-Grenze?“
Das trat glücklicherweise nicht ein (Kostenpunkt: 28€), jedoch war ein weiterer unschöner Trend zu beobachten: man bekommt weniger Spielzeit für mehr Eintritt. Super.
So leider auch an diesem Abend im Werk II zu Leipzig. Dazu aber später mehr, zuerst musste man die ein oder andere Support-Band über sich ergehen lassen.
Die deutschen Thrasher Dew-Scented durften hierzulande den Opener spielen, jedoch nicht für mich. Die fünf Herren aus dem Norden Deutschlands hatte ich bereits 07 als Support von Machine Head und As I Lay Dying in Hamburg „bewundern“ dürfen, das Interesse war dementsprechend gering und die Motivation schon kurz nach 8 rüber in die Halle zu gehen noch geringer.
Ein nicht unerheblicher Teil des Publikums schien dann wegen Suicide Silence da gewesen zu sein, zumindest war die Shirt-Dichte verdächtig hoch. Dass die Amis keine Verfechter filigranen Songwritings sind und lieber nach dem Motto „Stumpf ist Trumpf!“ agieren war mir bekannt. Das, was man letztlich aber zu hören bekam verdient ein einziges Wort: verzichtbar.
Letztlich war es aber wieder eine Demonstration dessen, warum fast das komplette Genre Deathcore so unglaublich langweilig ist: es scheint sich einfach nur ein stumpfer Breakdown nach dem anderen an einen Blastpart zu reihen und fertig ist der Song. Da nützen auch keine extrem tiefgestimmten Gitarren, brutales Shouting oder tolle bunte Shirts zum Mitnehmen: es fesselt einfach nicht. Was nützt mir extreme Brutalität, wenn gutes Songwriting einfach nicht existent ist? Nach 30min räumten die Herren glücklicherweise auch schon wieder das Feld und machten Platz für… As I Lay Dying
Ein knappes halbes Jahr nach der Veröffentlichung von The Powerless Rise begab sich das Quintett aus San Diego auf die erste „richtige“ Headliner-Tour zum neuen Album… wobei? Auf einer Co-Headliner-Tour nur mit einem 45min-Set? Das ist ärgerlich, ziemlich ärgerlich.
Ein AILD-Set kann zwar nie schlecht sein, aber die eine oder andere Überraschung wäre schon nett gewesen. Letztlich deckte sich das Set so ziemlich mit dem des letzten Europa-Abstechers im Sommer. Es hatte immerhin 3 neue Songs des aktuellen Albums ins Set geschafft, gerade Parallels und Anodyne Sea hatte ich mir erhofft und bekam sie auch.


Die Band war allerdings einen Tacken zu routiniert, das übertrug sich auch auf die Stimmung im Publikum. Der Pit ging zwar mächtig steil (das hat aber weniger mit der Musik denn mit dem Hang zur Selbstdarstellung vieler männlicher Zeitgenossen meist jüngeren Semesters zu tun), man applaudierte auch artig nach den Songs… aber der fünfte Gang wurde während des gesamten Gigs nicht erreicht. Schade, der bisher schwächste Auftritt meiner erklärten Lieblings-Band. Wobei das nicht wirklich schwach war, nur bei weitem nicht so gut wie die anderen 4 Konzerte.
Stimmungs-Headliner waren eindeutig Heaven Shall Burn. Bei ihrem knapp 55min-Set stieg das Stimmungs-Barometer am höchsten. Sicherlich auch dadurch bedingt, dass man in Leipzig quasi eine Heimat-Show spielte, Sänger Marcus stellte die Band auch mit: „Wir sind Heaven Shall Burn aus Ostdeutschland, hier in der Heimat darf man das ja endlich wieder sagen!“ vor.
Die lustigen Ansagen in seinem drolligen thüring‘schen Akzent zogen sich durch das ganze Set und lockerten die Stimmung merklich auf. Das die Band ja nicht gerade ausschließlich trendfreies Publikum zieht, scheint ihnen bewusst zu sein, denn als Voice Of The Voiceless angekündigt wurde, ließ er sich hinreißen, das Publikum etwas auf die Schippe zu nehmen: „Ich weiß, ihr habt Bock auf Circle Pits, Wall of Death und den ganzen Kram. Ich will jetzt aber mal endlich wieder einen schönen Schweine-Pogo sehen… aber ich befürchte dass wird den ein oder anderen hier überfordern.“ Welche Klientel sich da angesprochen fühlen sollte, sollte dabei klar sein. Die Uniformiertheit dieser möchtegern-Individualisten ist einfach erschreckend.
Das Set setzte sich logischerweise aus vielen Songs des aktuellen Albums Invictus zusammen, Zeit für viel Material der Alben bis Antigone blieb daher nicht.
Wenn man das Material nicht kannte, war eh egal was gespielt wurde, denn auch hier war der Sound wirklich nicht gut. Viel zu viel Bass und Schlagzeug, kaum hörbare Gitarren und ein ganz schöner Soundbrei. Bei AILD war dies aufgrund des etwas komplexeren Riffings nicht so schlimm, da man doch noch viel erahnen konnte. Beim HSB-typischen Geschrammel hingegen sah es wesentlich düsterer aus. Der Sound besserte sich nach ca. 20min, wurde allerdings unerklärlicherweise wieder schlechter. Schade für diejenigen, die nicht mit dem Material vertraut waren.
Fein war hingegen die Videoshow im Hintergrund, denn statt einem Backdrop hatte man eine große Leinwand hinter die Bühne gesetzt. Es gab zu den Songs immer passende Videoclips, welche die Thematik des jeweiligen Titels unterstützen. Zum Intro wurde das Hakenkreuz auf dem Brandenburger Tor zerbombt, bei Combat liefen gezeichnete Kindersoldaten über den Bildschirm und bei Black Tears flimmerte das BP-Logo hinter der Band auf. Die Band war schon immer Freund deutlicher Worte bzw. Bilder, was ja mitunter auch vielfach kritisiert wird. Heute wurden den Zuschauern aber Schlachthausszenen zu Voice Of The Voiceless erspart.


Erwähnt soll hier noch der Ersatz-Drummer werden, der auf dieser Tour den am Rücken erkrankten Matthias ersetzte. Dieser erweitere das mitunter doch recht simple Gebolze des Stamm-Drummers merklich, was mir persönlich sehr gut gefallen hat.
Der Gig war dann auch der letze Deutschland-Gig für einige Zeit, denn HSB kündigten an sich für einige Zeit hierzulande rar zu machen.
Kurz nach Mitternacht war dann der Abend zu Ende, die Meute deckte sich mit jeder Menge Merch zu fairen Preisen ein und dann ging’s raus in den nass-kalten Schneeregen.
Fazit: AILD sollten lieber eine eigene Headliner-Show mit ordentlicher Setlänge und ein paar anderen Songs spielen (Comfort Betrays oder The Truth Of My Perception würden sich hervorragend machen), auf HSB hab ich in zwei Jahren bestimmt wieder Bock und Deathcore braucht kein Mensch.

Mittwoch, 10. November 2010

Underoath - Ø (Disambiguation)

Würde die Bibel erst heute geschrieben werden, fände sich an Stelle der Klagelieder sicherlich der ein oder andere Song von Underoath wieder. Grund zur Klage gibt’s heute schließlich auch noch zu Genüge und die sechs Herren aus Florida verstehen es schon seit Jahren, diese in ansprechender Musik umzusetzen.
Laut, anklagend, verzweifelt, hoffnungslos und doch hoffnungsvoll, zerbrechlich, optimistisch… fünf Alben (und eine EP) hatte das Sextett bereits veröffentlicht, als im Frühjahr die Bombe platzte: das letzte Gründungsmitglied Aaron Gillespie kündigte an, die Band nach der Europa-Tour (Bericht zu Berlin im Archiv) zu verlassen. Da er neben dem Schlagzeug auch für den klaren Gesang zuständig und dieser für den Sound der Band charakteristisch und gleichzeitig ein Erkennungsmerkmal war, stellte sich die Frage: Und was nun?
Die Band machte sofort klar, dass ein weiteres Album bereits in der Mache sei und stellte als Nachfolger Daniel Davison (ex-Drummer von Norma Jean) vor, der zwar einen wunderbaren Schnauzbart hat - singen kann er aber leider nicht. Es war also von Anfang an klar, dass man mit einer zweiten Lost in the sound of separation nicht rechnen könne.
Und mit dem ersten Song des neuen Albums Ø (Disambiguation) wird deutlich: das ist nicht nur eine weitere Underoath-Scheibe, das ist etwas Neues.


Sofort nach dem unvermeidlichen Leak des Albums waren Aussagen wie „Das ist Norma Jean für Arme!“, „Wo haben die denn die Songs geklaut?“ etc zu lesen.
Das wäre aber zu einfach. Fakt ist: Underoath klingen 2010 wieder wieder sperriger, unzugänglicher und uneingängiger als zuvor. Aber das war bei jedem Album der Fall, von daher in der Tendenz eine zu erwartende Entwicklung. Wäre Aaron noch an Bord, wären die Plagiatsvorwürfe sicherlich leiser. Da nun aber Spencer Chamberlain neben den Shouts auch den Klar-Gesang übernimmt, klingt das Ganze in der Tat etwas ungewohnt. Der mit einem Video versehene Song In Division schleppt sich düster und bedrohlich durch die Hörgänge, auch bedingt durch das tiefere Gitarren-Tuning. Das ebenfalls im Vorfeld veröffentlichte Illuminator hingegen rauscht wesentlich flotter an einem vorbei, jedoch werden auch hier langsamere Passagen eingestreut und man erkennt den Schwachpunkt des Albums: der Klargesang von Spencer ist definitiv ausbaufähig. Er ist beileibe nicht schlecht, jedoch auch nichts Besonderes.
Das war es aber auch mit Kritikpunkten, denn im folgenden bekommt man schlicht und ergreifend gute Musik zu hören. Catch Myself Catching Myself hat einen der besten Refrains, die dieses Jahr geschrieben wurden und gerade hier überzeugt Spencer auch am Gesang. Paper Lung kommt ebenfalls wieder gemäßigter daher, arbeitet viel mit ruhigen Passagen, die im Gegensatz zur kräftigeren Instrumentierung im Refrain stehen. An sich ein alter Hut, trotzdem wirkt das nie altbacken oder überholt, denn dazu sind die Songs zu vielschichtig.
Raum für Experimente bleibt natürlich auch auf Ø: das sehr elektronische Driftwood und das kurze, übersteuerte Reversal sind das Resultat der musikalischen Horizonterweiterung. Das wird nicht jeder mögen, mir gefällt’s aber.
A Divine Eradication kommt wieder vertrackt, hektisch und relativ uneingängig daher, ebenso My Deteriorating Incline, bei dem eine stilistische Ähnlichkeit zu den bereits erwähnten Norma Jean wirklich nicht verneint werden kann.
Das Album ist mitunter ein schwerer Brocken, insbesondere für diejenigen, die They’re only chasing safety als ihr Lieblingsalbum angeben würden. Ähnlich wie bei dem Vorgänger benötigt man einige Durchgänge, um alle Songs in ihrer Gänze zu erfassen. Trotzdem sind die typischen Underoath-Trademarks immer wieder erkennbar, insbesondere im abschließenden In Completion, welches eine schöne bedrückende Atmosphäre erzeugt und mit der beste Song des Albums ist. Und wieder mal bleibt festzustellen: wenn alles scheiße läuft („Nothing has changed, nothing has changed like I said it would“), gibt’s immer noch Underoath. Davon wird die Situation zwar nicht besser, aber man hat den passenden Soundtrack.

Sonntag, 3. Oktober 2010

White Flag

Nichts verkörpert Emotionen besser als Musik. Man kann auf Wolke 7 hervorragend Jack Johnson hören, hat man emotional richtig auf die Schnauze bekommen, darf „Niemals“ von Farin Urlaub wohl nicht fehlen. Der gute Mann hat ja sowieso für sämtliche Lebenslagen Lieder parat, die einen immer wieder denken lassen: „Das klingt ja so als hätte der das für mich geschrieben!“ Gute Laune feier ich gerne mit der „Liberation Transmission“ von den Lostprophets. Sonne, Strand und Temperaturen jenseits der 30°, dann macht die Platte erst richtig Spaß!
Richtig frustriert hört es sich „Fractures“ von Killing The Dream hervorragend. Ja verdammt, das muss laut sein, das muss wehtun und das muss so verzweifelt und wütend sein, dass man denken könnte, der Sänger hätte in der Gesangskabine schon den Strick um den Hals hängen! Das muss einfach so sein und „Nein Mutti, ich mag stattdessen jetzt keine klassische Musik hören und mir ist es scheißegal ob die beruhigend ist oder nicht...“

Doch was hört man, wenn man innerlich einfach nur doch die weiße Fahne schwenken möchte?
Neben den hier bereits besprochenen Underoath ist mir in der letzten Zeit eine Band ans Herz gewachsen, die sich (oh Wunder!) in ähnlich geistlichen Gefilden tummelt wie eben Underoath oder auch As I Lay Dying. Ist aber für den Hörer, der damit überhaupt nichts anfangen kann und/oder will auch kein Problem, hier wird einem weder die Bibel um die Ohren gehauen noch geht es darum, dass man bitteschön jeden Morgen um 10 in den Gottesdienst und zig Vaterunser zu beten hat.
Hat man sich also trotz dieses durchaus streitbaren Themas („Was hat Religion überhaupt im Metal zu suchen? Das muss alles voll böse sein! SLAYER!“) doch dazu durchgerungen, der Band mal ein Ohr zu leihen, könnte man durchaus überrascht sein. Trotz Heilsbotschaft herrscht hier zum Teil blanke Wut, totales Entsetzen oder völlige Resignation.

„We are smashed men, still moving.
We've tried everything in the book.”

Tja, da ist wohl einiges schief gelaufen, wa? Dass da das Leben nicht wirklich in geraden Bahnen verlaufen sein kann, kann man auch am ungewöhnlichen Songwriting dieser Band erkennen. Es quietscht, es groovt, es rasiert einem den Schädel und ist dann doch wieder wunderbar eingängig und mitsingbar.

„We're broken here,
we’re ruined here”

„Wer hört denn bitte so einen Scheiß?“ Ich, verdammt, ich tu das! Klar, das kann nicht jedem gefallen, soll es ja auch gar nicht. Doch die Musik hat ihre Faszination eben nicht nur durch ihr mitunter sehr wirres Auftreten sondern eben auch dadurch, warum sie gemacht wird.
Und gerade wenn man denkt: „Was bin ich nur für ein dämlicher Idiot?!“ fesseln Norma Jean besonders.

“While we thought we were learning how to live,
we have been learning how to die.”

Ein Mensch, den ich sehr schätze meinte zu mir ob dieser Zeilen: „So darfst Du nicht denken!“
Doch ist das nicht wirklich so? Ist diese ganze „Heile Welt“-Musik (auch die religiöse) nicht nur pure Augenwischerei? Und ist sie nicht deswegen vielfach so unglaublich belanglos und unwichtig? Beim Durchschauen der Musik-Sammlung ist mir aufgefallen, dass ich zwar auch viel Musik höre, die durchaus in diese Kategorie fallen würde, aber die hat bei weitem nicht diese „Genauso fühl ich!“-Wirkung. Sie ist einfach weniger wichtig, hat eine wesentlich weniger starke Wirkung und letztlich auch einfach weniger Bedeutung. Sie ist zweifelsohne schön, keine Frage! Doch weniger kraftvoll…

An dieser Stelle also einmal vielen Dank an As I Lay Dying, Underoath, Norma Jean und all die anderen Bands, die nachdenklich machen.

Donnerstag, 2. September 2010

You know what time it is! It's time to keep on rollin', baby!

Man ist leicht angepisst, hat schlechte Laune und würde am liebsten irgendwas zertrümmern… nur doof, wenn man nicht so ganz auf körperliche Gewalt steht. Die Alternative: zu Limp Bizkit gehen und für mehr als anderthalb Stunden mal so tun, als wäre man die Definition des „tough guy“. Ordentlich rumprollen, rumschreien(„Keep your distance, ‚cause right now I’m dangerous!“) und danach wieder nett sein. Tolle Sache, sowas!
Der vorletzte Haken auf der ultimativen „Must see“-Liste ist also gemacht und man kann sagen: Limp Bizkit können es noch! Wesentlich agiler als auf ihrer letzten Tour (man denke nur an den statisch auf der RaR-Bühne stehen Fred Durst) und mit ordentlich Krach im Gepäck.
Und normalerweise darf man noch die ein oder andere Vorband über sich ergehen lassen, nicht jedoch in Frankfurt. The Blackout stoßen erst später zur Tour, in Frankfurt durfte pünktlich um 20.00 ein DJ die vollgepackte Jahrhunderthalle bespaßen. Ein paar Minuten war das ziemlich Elektro-lastige Set mit gemixten Rocksongs ja ganz amüsant, bei „Remmidemmi“ von Deichkind kam sogar kurzzeitig richtig Stimmung auf. Aber spätestens nach 15min war die Luft schon wieder raus, man wollte schließlich LB sehen. Dem DJ wurden hunderte Eintrittskarten entgegen gestreckt, Pfiffe gab es auch zuhauf. Ob das sein muss, kann jeder für sich selbst entscheiden. Jedenfalls war nach ungefähr 25min Schluss, Fred Durst selbst sagte dem DJ dass nun genug sei.
Das angenehme an einem DJ-Set vor dem Hauptact ist: die Umbaupause ist kurz! Die Roadies benötigten ungefähr 15min um die Bühne startklar zu machen und nach dem Intro ging es mit „Why try?“ vom neuen, irgendwann kommenden Album „Gold Cobra“ los. Durchaus mutig, das Set mit einem neuen Song zu beginnen, doch es schien jeder den Song zu kennen. Fast die gesamte Halle war am Springen, nur vereinzelt gab es (wieder mal) Leute, die den Moshpit zur Projektionsfläche für Ausdruckstanz und Karate-Übungen gemacht haben. Selbstverständlich konnten es viele auch nicht lassen, zu möglichst unpassenden Zeitpunkten Circle Pits zu starten (jeder Hardcore-Fan hätte sich über diese lächerlichen Tanzversuche tot gelacht!). An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Rock am Ring und die „traditionellen“ Tanzgepflogenheiten, bei der einfach zu viele Leute denken dass sowas zu einem Konzert gehört.
Beim folgenden „9 Teen 90 Nine“ gab’s aber nur eines: „Now you motherfuckers got a reason to jump!“ Leute, sowas macht doch viel mehr Spaß als dieses Rumgehampel was ihr da veranstaltet?!
Und genau so ging’s dann auch munter weiter, man sprang sich munter durch Material der „Chocolate Starfish And The Hotdog Flavoured Water“ und der „Significant Other“. Mit dem ebenfalls neuen „Walking Away“ (beide Songs wurden übrigens zum ersten Mal live gespielt!) war nach gerade mal 10 Songs Schluss.
Zeit für das übliche „Flughafen, Flughafen!“(find ich immer noch köstlich!)-Spielchen, die Band lässt sich feiern und gönnt der feierwütigen Meute nochmal 6 Songs. Mit „Behind Blue Eyes“ wurde die obligatorische Ballade gespielt, aber danach wurde es richtig lecker. Als die Herren dann die ersten Töne von „Pollution“ (!) spielten, war es um mich geschehen. Rein in den Pit, einmal richtig ausrasten, soviel Hass wie möglich in den Refrain legen und sich die Seele aus dem Leib kotzen. Und dann das: Wieso feiern denn so wenig Leute diesen Song?! Die Reaktionen waren lächerlich (wann spielen LB dieses Schmankerl denn bitte noch?!), der Song wurde abgebrochen und man ging zu „Nookie“ über. Ob das geplant war, um Leute wie mich auf die Palme zu bringen… keine Ahnung. Das nehm ich den Herren jedenfalls immer noch übel! ;) Eine kleine Jazz-Version von Counterfeit gab es auch noch, das hat aber keiner geschnallt (inklusive meiner Wenigkeit).
Als Abschluss gab’s dann doch noch was vom Debut, das unvermeidliche George Michael-Cover „Faith“, welches sich zugebenermaßen auch hervorragend als Rausschmeißer eignet.
Insgesamt war es ein toller Konzertabend, die Laune danach wieder gut und der Geldbeutel dünner. Die Dreistigkeit, an der Gaderobe mal einfach 3€ für die Aufbewahrung eines Rucksacks zu nehmen muss man erstmal haben. Von den Getränkepreisen ganz zu schweigen, das Merch wurde auch nicht gerade verschenkt. 25€ für sämtliche Shirts und der Preis für das hässlichste Tour-Shirt aller Zeiten geht an: Limp Bizkit! Herzlichen Glückwunsch!

Setlist:
Pure Imagination (intro)
Why Try
9 Teen 90 Nine
My Generation
Livin' It Up
Rollin' (Air Raid Vehicle)
It'll Be OK
Boiler
My Way
Break Stuff
Walking Away

Behind Blue Eyes
Hot Dog
I'm Broke
Take A Look Around
Pollution (bis zum 1. Refrain)
Nookie
Faith

Samstag, 14. August 2010

... we're facing a sight to behold

Nach dem U2 am Vorabend in Frankfurt Stadionrock für die große Masse spielten, gab es am nächsten Tag im Knaack in Berlin das totale musikalische Kontrastprogramm: Gojira aus Frankreich
Eingängigkeit? Leicht ins Ohr gehende Melodien? 3min-Songs ala Strophe-Refrain-Bridge-Refrain? Fehlanzeige!
Hier bekam man völlig untypische Songstrukturen, wirre und komplexe Riffs sowie ausuferndes Gebolze um die Ohren geknallt. Und es war wieder mal (letztes Jahr hatten sie schonmal im Knaack gespielt, ich war ebenfalls anwesend) unglaublich gut!
Den Anfang am Abend machte allerdings eine Band, die ein kleines bisschen besser ins Ohr ging: Scarred by beauty aus Kopenhagen. Die Band um den ehemaligen Hatesphere-Sänger Joller durfte knapp 25min das noch spärlich vor der Bühne versammelte Publikum aufheizen. Dies gelang scheinbar nur teilweise, zwar fuhr man sehr anständigen Applaus ein aber im Anschluss war ihr Merch-Stand sehr spärlich besucht.
Ich hatte erst am Abend zuvor erfahren, dass überhaupt ein Support angekündigt war und lud mir sofort deren kostenlose EP von deren Myspace. Mich hatten die 3 Songs sofort überzeugt (da leichte Ähnlichkeiten zu den fantastischen Architects) und freute mich dementsprechend auf auf diese junge Band. Als ich kurz vor 8 allerdings im Club ankam, spielten sie mit „A million metaphors“ bereits ihren letzten Song (Konzertbeginn war für 8 angekündigt!), sehr ärgerlich. Im Anschluss an das Konzert unterhielt ich mich noch kurz mit Joller und einem der beiden Gitarristen und erfuhr dass sie noch auf Labelsuche sind, ihr erstes Album aber bereits komplett aufgenommen ist und für Anfang nächsten Jahres eine Tour in Deutschland geplant ist. Hingehen, Kinners, das ist nämlich eine tolle Band! Man bekam ihre Shirts für gerade mal 10€, also keine Frage dass man da zuschlägt und die Band etwas untestützt. Freundlicherweise haben sie mir auch ihre EP umsonst überlassen, sehr fein!


Bei Gojira, die schon kurz vor halb 9 auf die Bühne kamen, war der Club dann wesentlich voller sodass geschätzt 100 Leute sich vor der Bühne versammelten. Durch den frühen Beginn schien der Großteil aber erstmal etwas „kalt“ und taute erst nach ca. der Hälfte des Sets richtig auf. Ab dann wurde die Band aber richtig abgefeiert, was die 4 Franzosen sichtlich freute.
Sie begannen mit „Lizard Skin“ und „Clone“ von ihren Frühwerken, mit „Backbone“ von der „From Mars to Sirius“ gab’s dann aber auch schon den ersten Hit, falls man das bei der Musik so sagen kann. Nach „Indians“ und dem spacigen „A sight to behold“ (einer meiner Lieblingssongs der Band) von dem aktuellen Album „The way of all flesh“ gab es wieder ein kurzes Drumsolo von Ausnahme-Schlagzeuger Mario. Unfassbar, wie variabel der Gute sein Set bearbeitet. Da wird nicht einfach alles mit Blastbeats und Doublebass zugepflastert, sondern intelligent und vertrackt die Saiten-Fraktion unterstützt. Gerade dieses unkonventionelle Drumming ist ein Markenzeichen dieser Ausnahme-Band und macht sie so unverwechselbar.
Danach wurde es Zeit für ihren wahrscheinlich besten Song: „The heaviest matter oft he universe“
Dieser Song ist einfach so unfassbar fett und walzt alles nieder, dass es spätestens da um mich geschehen war und ich mich um den zwangsläufig folgenden, sehr schmerzhaften Muskelkater nicht mehr kümmerte. Man sah fast im kompletten Club nur rotierendes Haupthaar bzw. rotierende Köpfe bei der Kurzhaar-Fraktion. Ausnahmezustand, die Reaktionen aus dem Publikum nach diesem Song waren schlicht und ergreifend sensationell, mit diesem Song hatten Gojira wieder mal richtig abgeräumt. Ganz großes Tennis!


Den vorläufigen Rest gab es mit „Flying whales“, „Toxic garbage island“ und „Vacuity“ bevor man nach dem Zugabe-Spielchen (O-Ton: „We’re to old for that shit, I guess!“) noch das Tapping-Inferno „Oroborus“ folgte und das Konzert zu Ende war. Ursprünglich sollte noch „World to come“ gespielt werden, dies fiel allerdings der Deadline um 22Uhr zum Opfer (im Club muss ab diesem Zeitpunkt Ruhe sein, Folge eines Rechtsstreits mit den Mietern eines neuen(!) Wohnhauses in der Nähe… mit den anderen Bewohnern rund um den Traditionsclubs gab’s diese Probleme nicht). Trotzdem war das Konzert mit ca. 80min angemessen lange.
Letztlich war es wieder mal eine Demonstration, warum diese Band so unglaublich gut und einzigartig ist. Schade, dass sie in solch kleinen Clubs spielen muss, auch wenn es mich als Zuschauer natürlich freut wenn man nicht 400 andere Leute noch vor der Nase hat. Verdient hätte es die Band in jedem Fall! Die Ansagen zwischen den Songs waren immer wieder lustig und sympathisch, man stichelte auch gerne etwas gegen das angeblich zurückhaltende Publikum um noch etwas mehr Stimmung herauszukitzeln und lies auf einen Zwischenruf eines (betrunkenen) Amis verlauten: „Soccer? Of course, we’re good at it! We’re french… and… well, this year” und sorgte für ordentliches, leicht schadenfrohes Gelächter. Da konnten sich die Jungs selbst auch das Grinsen nicht verkneifen ;-)
Fazit: unglaublich gutes Konzert, in diesem Jahr definitiv eines der besten. Mit neuem Album dürfen sie gerne wieder kommen, ich bin auf jeden Fall wieder dabei!

Setlist:
Lizard Skin
Clone
Backbone
Indians
A Sight To Behold
The Art Of Dying
Drum Solo
The Heaviest Matter Of The Universe
Flying Whales
Toxic Garbage Island
Vacuity

Oroborus

… with or without you!

Normale Bühnen sind ja irgendwie langweilig, da hat man ja nur eine erste Reihe. Das haben sich Metallica schon Anfang der Neunziger gedacht und ihren legendäre Snakepit-Bühne auf Tour genommen sodass die Band mehr oder weniger in der Mitte der Halle stand. Das haben sie u.a. auch wieder auf der letzten Tour gemacht, die Fans konnten also komplett um die Bühne herum stehen. Außerdem kann man damit auch ein paar Tickets mehr verkaufen, da die sonst leeren Plätze hinter der Bühne auch genutzt werden können.
U2 kamen 2009 auf eine ähnliche Idee und kündigten ihre sog. „360°-Tour“ an, bei der die Bühne in der Mitte der Stadien stehen sollte. Netterweise wurden auch relativ attraktive Sitzplätze nahe an der Bühne für 30€ verkauft, in Deutschland bekam man diese für ca. 41€ (eventim hatte wieder mal die Finger im Spiel). Trotzdem immer noch sehr günstig für eine Band dieser Größenordnung, sodass ich mit einem Freund beim letztjährigen Auftritt im Berliner Olympiastadion war. Ein absolut fantastisches Konzert, bei der insbesondere die besondere Bühnenkonstruktion und die Lichtshow beeindruckten.


Für 2010 wurde wieder eine Europa-Tour angekündigt und diesmal standen Hannover, München und Frankfurt auf dem Programm.
Einige Tage vor dem Frankfurt-Konzert wurden wieder Ticket-Kontingente frei, sodass ich wieder für knapp 40€ U2 zu sehen bekam. Der Ticketverkauf lief vergleichsweise schlecht, sodass im Stadion selber einige Sitzreihen bzw. Blöcke abgedeckt wurden und schätzungsweise 5000 Leute noch reingepasst hätten. Der Sitzplatz, den ich am Abend zuvor erstanden habe, kostete ursprünglich auch knapp 120€ und wurde vergünstigt angeboten, sonst wären die Lücken im Stadion wesentlich größer geworden. Kein Wunder, teilweise kosteten Tickets bis zu 200€, da bekommen auch Bands wie U2 Probleme, Stadien zu füllen.
Nun aber zum Konzert:
Letztes Jahr in Berlin waren die fantastischen Snow Patrol Support, die ich erst durch diesen Auftritt zu schätzen begann. Dieses Jahr durften Kasabian im Vorprogramm ran. Diese haben mich aber nicht gereizt, sodass ich erst eine knappe viertel Stunde vor dem U2-Auftritt im Stadion ankam. Flugs die großartige Bühne bewundert und meinen Platz gesucht und dann ging’s auch schon los.
Die Band startete mit „Return Of The Stingray Guitar” und sofort fiel der katastrophale Sound im Stadion auf. Der steigerte sich im Verlauf des Konzerts bis zu „gerade so akzeptabel“ und soll laut Meinungen andere Besucher für Commerzbank Arena-Verhältnisse schon grandios gewesen sein, aber wie schlimm klingt das denn da, wenn es wirklich schlimm ist?
Gerade Bono hat man sehr selten verstanden, selbst als er ohne musikalische Untermalung Ansagen machte musste man sehr genau hinhören. Dies übertrug sich auf die Stimmung, denn so richtige Feierlaune kam eher selten auf. Die Songs wurden zwar alle sehr anständig gefeiert, auch die Ansagen (soweit verständlich) aber im Vergleich zum Berliner Konzert wirkte es diesmal etwas verhaltener. Vielleicht lag es auch an der Setlist, die gefiel mir in Berlin auch etwas besser. Trotzdem gab es bei Klassikern wie „Where the streets have no name“ oder „With our without you“ wieder jede Menge Gänsehaut, gerade die Songs der „Joshua Tree“ begeistern mich immer wieder. Aber natürlich auch „Sunday, bloody Sunday“ oder neuere Songs wie „Vertigo“ oder „Elevation“ haben es in sich und sorgten bei mir für ein ziemlich dickes Grinsen und zuckende Beine. Erwähnen muss man auch das unglaublich gute „Hold Me, Thrill Me, Kiss Me, Kill Me „, bei dem Bono eine leuchte Jacke mit roten Lasern trug und das Mikro (ebenfalls beleuchtet) von der Bühnendecke schwebte und als Schaukel diente. Der neue Song „Glastonbury“ (für das gleichnamige Festival geschrieben, der Aufritt dort fiel wegen einer Rückenverletzung Bonos aus) gefiel ebenfalls durch seine starke, rockige Ausrichtung.


Den letzten Song „Moment of surrender“ widmete die Band den Opfern der Loveparade, eine sehr feine Geste. Beim drauf folgenden Konzert in Hannover wurde dieser Song Robert Enke gewidmet, Drummer Larry Mullen trug zu diesem Anlass das Trikot von Enke. In beiden Fällen eine sehr feine Geste!
Klar, man kann Bono vorhalten dass er der Gutmensch schlechthin ist und viel zu oft seinen Zeigefinger erhebt. Ich nehme ihm und der Band dies aber ab, da sie Einnahmen der Konzerte zur Bekämpfung von AIDS spenden. So wurden Teile der Ticketeinnahmen aus der sog. „Red Zone“ (es gab bei der Bühne einen inneren Ring, in den nur Besitzer der Red Zone-Tickets kamen) direkt zum Kauf von Medikamenten genutzt. Die Tickets für diese Zone waren dementsprechend sehr teuer, man musste mehr als 200€ auf den Tisch legen, unterstütze damit aber auch Hilfsaktionen und war der Bühne extrem nah.
Nach etwas mehr als 2h war das Konzert zu Ende und Tausende Besucher strömten Richtung Bahnhof oder zu den zahlreichen Merchständen, bei der man für unglaublich viel Geld U2-Shirts oder andere Goodies erstehen konnte. 30€ für ein Shirt und 65€ für einen Pulli sind einfach eine Frechheit, große Band hin oder her. Das trotzdem gekauft wurde, als gäbe es kein Morgen ist daher ziemlich ärgerlich aber ich habe auch den Eindruck dass viele der Besucher wahrscheinlich nicht realisieren dass diese Preise einfach gnadenlos überteuert sind. Vielleicht liegt’s aber auch daran, dass ich als armer Student auch eher die Ausnahme im Publikum war denn der Altersschnitt lag wesentlich höher. Eigentlich auch mal angenehm, mit etwas über 20 Jahren auf Konzerten nicht zum alten Eisen zu gehören ;-)
Fazit: es war ein gutes Konzert, jedoch mit ein paar Mängeln (Merchpreise, Sound, Verpflegungspreise). Mir persönlich reicht es fürs erste mit U2-Konzerten, aber die nächste Tour wird wahrscheinlich eh erst in ein paar Jahren kommen. Bis dahin hab ich auch wieder Bock drauf.

Setlist:
Return Of The Stingray Guitar
Beautiful Day
New Year's Day
Get On Your Boots
Magnificent
Mysterious Ways
I Still Haven't Found What I'm Looking For
Glastonbury
Elevation
In A Little While
Miss Sarajevo
Until The End Of The World
The Unforgettable Fire
City Of Blinding Lights
Vertigo w/ It's The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine) snippet
I'll Go Crazy If I Don't Go Crazy Tonight w/ Discotheque snippet
Sunday Bloody Sunday
MLK
Walk On

One preceded by taped Desmond Tutu speech
Where The Streets Have No Name w/ Amazing Grace intro

Hold Me, Thrill Me, Kiss Me, Kill Me
With Or Without You
Moment of Surrender

Freitag, 18. Juni 2010

Rock am Ring 2010

Rock am Ring – dieses Festival bedeutet Gigantonomie und zwar in mehrerer Hinsicht. Auf der einen Seite befinden sich eigentlich jedes Jahr mindestens eine Hand voll fantastischer und jede Menge guter Bands im Billing. Auf der anderen Seite hat man aber auch riesige Laufwege, campt teilweise kilometerweit vom eigentlichen Festivalgelände entfernt und sowieso ist alles eines: nämlich groß. Das ist für manche sicherlich attraktiv, ich persönlich kann mit solchen Menschenmassen nichts anfangen. Offiziell waren 86.500 zahlende Besucher am Ring, allerdings kann man diese Zahl getrost vergessen. Zum einen tummeln sich hunderte Besucher mit Freikarten auf dem Gelände, zum anderen bekamen auch Ordnungskräfte mitgeteilt dass man es hier mit mehr als 100.000 Besuchern zu tun hat. Das war im Jahr 2008 der Fall, 2010 machte es zu keinem Zeitpunkt den Eindruck dass weniger Leute da wären.
Gigantisch (im negativen Sinn) ist auch die Zahl besoffener, pöbelnder und sich asiozal benehmender Festival-Touristen, die das Festival zu einer großen Party gemacht haben, deren Hauptattraktion es augenscheinlich war möglichst viel Alkohol in möglichst kurzer Zeit zu konsumieren und möglichst viele Circle Pits an den unpassendsten Momenten zu starten. Weitere Sportarten: möglichst effektiv den Nachbarn auf den Sack gehen und das Entwenden von Eigentum.
Aber wer schon mal am Ring war, weiß worauf man sich (neuerdings) einlässt. Und eigentlich geht es ja um Musik, nur muss auch kurz Raum für die negativen Begleiterscheinungen des Festivals sein.
Aber genug, es ist Zeit für Musik und davon gab es reichlich. 3 Open Air-Bühnen, an die 90 Bands und von 14 bis teilweise 3 Uhr nachts Live-Musik. Was will man mehr?!
Den Auftakt am Donnerstagabend (zum 25-jährigem Jubiläum bekam man einen Abend mehr) machten die H-Blockx, die den Opener für Kiss machen durften. Die Band war sehr erfreut, am Ring spielen zu dürfen, da man laut eigener Aussage nur den Lückenfüller machen würde (es wurde gemunkelt dass eigentlich Heaven & Hell spielen sollten, was aufgrund des Todes von Ronnie James Dio leider unmöglich wurde). Das schien das Publikum aber nicht zu stören und es wurden flugs die ersten „Kreise“ gebildet. Der Konzert-erfahrene Leser wird sich jetzt denken „Hääh? Circle Pits bei den H-Blockx? Wie passt das denn zusammen?“ Tut es überhaupt nicht, aber das ist dem Publikum scheinbar egal. Das sollte sich über das gesamte Festival nicht ändern, doppelt ärgerlich da der Großteil der begonnen Pits stumpfes „Wir hüpfen ganz locker und langsam im Kreis“ war. Naaaja.
Musik gab’s aber trotzdem und die war leider nicht sonderlich spannend. Songs wie „Countdown to insanity“ oder das Cover „Ring of fire“ kennt man natürlich, aber so richtig hinterm Ofen vorlocken konnte mich das nicht.
Wesentlich besser machten es die alten Herren von Kiss. Man genehmigte sich eine Umbaupause von 45min und legte energetisch mit „Modern Day Delilah“ von der aktuellen Platte „Sonic Boom“ los. Was dann folgte, dürfte jeden Hardrock-Fan mit der Zunge schnalzen lassen. Erstklassige Songs, eine hervorragende Show und beste Unterhaltung zu jeder Sekunde. Dass Paul Stanley gerne durchscheinen lässt, wie sehr er von sich überzeugt ist, tat der Show keinerlei Abbruch. O-Ton eines Mitfahrers: „Der ist so arrogant, das ist schon wieder geil!“ Trotzdem ist es in jedem Fall erwähnenswert, dass Kiss ihr Merch schon ab 15€ (!) verkauften, für eine Band dieser Größe wirklich extrem selten!
Man wurde wirklich prächtig unterhalten, auch wenn man nicht-Fan von Kiss ist. Das Publikum wurde sehr schön miteinbezogen, es gab ordentlich Feuerwerk und andersartige Effekte, von daher war es sehr schade dass sich wirklich viele Besucher das Spektakel entgehen ließen und vorzeitig von dannen gingen. Allerdings bedeutet das am Ring, dass man die Bühne nicht von 400m Entfernung sehen muss sondern nur noch aus 150-200m. Ersteres ist zwar wegen den zahlreichen Video-Leinwänden nicht sonderlich schlimm, doch leider ist der Sound im hinteren Bereich der Start-Zielgeraden sehr leise und Open Air-bedingt recht matschig, aber der Tontechniker von Kiss holte trotz windiger Verhältnisse einen mehr als amtlichen Sound aus den Boxen. Sehr schön, leider auch einer der wenigen, der dies an diesem Wochenende beherrschte.
Nach 2 Stunden Hits war für den Donnerstag Feierabend und Tausenden machten sich auf den Weg zu ihren Zelten. Das ist am Ausgang natürlich etwas problematisch, denn es staut sich aufgrund des Gelände-Aufbaus so ziemlich alles, was sich stauen kann.
Der Freitag begann für mich mit Halestorm auf der Centerstage, allerdings sah ich nur die letzten 2 Songs. Nicht weiter schlimm, auch wenn das gehörte recht anständiger Rock mit ordentlich Härte war. Höhepunkt war für viele sicherlich die Sängerin/Gitarristin, die neben dem guten Aussehen auch ordentlich Kraft in der Stimme hatte.
Als nächstes durften Turbostaat aus dem hohen Norden Deutschlands ran, die kurzfristig für Sum 41 als Ersatz eingesprungen waren. Zumindest mich hat die Absage der Kanadier sehr gefreut, denn so konnte ich eine meiner absoluten Lieblingsbands innerhalb eines Monats gleich 2x sehen. Allerdings waren hier die Voraussetzungen ganz andere: vor einem Monat ca. 250 begeisterte Turbostaat-Fans, jetzt nun ca. 25000, teils desinteressierte nur auf Rage Against The Machine wartende Menschen, die Turbostaat wohl nur kaum kennen. Davon ließ die Jungs sich aber nicht beirren und legten mit „Surt & Tyrann“ vom aktuellen Album „Das Island Manøver“ los. Man singt natürlich ab der ersten Sekunde lauthals mit und… wird verständnislos von allen Seiten angeschaut. Moment mal, kennen wirklich so wenige die Band? Dass die Band nicht jedermann bekannt ist, war klar aber so wenige? Doch kurz umgeschaut und siehe da: ein kleiner Mob von vielleicht hundert Leuten tanzt und singt ausgelassen. Aber da kommt man aufgrund der Zuschauermassen nicht hin. Was also machen: weiterfeiern oder unauffällig hinstellen? Im Fall von Turbostaat selbstverständlich weiterfeiern! Gespielt wurden 11 Songs, sämtlich von den letzten beiden Alben. Trotz der geringen Zuschauerresonanz schienen die Jungs Spaß auf der Bühne zu haben, suchten immer Blickkontakt zu den paar singenden Fans (um mich standen nachher immerhin 2 weitere Turbostaat-Fans, die auch ordentlich Betrieb machten) und Sänger Jan schien es kaum zu fassen, „dass diese kleine beschissene Band aus Flensburg mal bei Rock am Ring spielen darf!“. Toller Gig, auch wenn die auf der wesentlich kleineren Clubstage besser aufgehoben wären. Am besten sind sie aber eh in einem Club, von daher freue ich mich auf den August, wo sie wieder in Wiesbaden gastieren.
Danach spielten Airbourne, die ja eigentlich nichts weiter als eine AC/DC-Coverband sind, deren eigene Songs eben wie AC/DC klingen. Ich find das Original schon todlangweilig, Airbourne dementsprechend auch, allerdings bin ich in dem Fall auch nicht repräsentativ. Der Großteil des Publikums ging mächtig steil, und selbst ich muss zugeben dass es ziemlich beeindruckend war wie Sänger/Gitarrist Joel O’Keffe ohne Sicherung die Bühne hochkletterte und oben ein Solo spielte.
Im Anschluss spielte Slash mit Myles Kennedy auf, und mit dem Alter Bridge-Fronter hat er einen hervorragenden Sänger an der Seite der die GnR-Songs hervorragend interpretierte und teils auch Axl Rose stimmlich recht ähnlich war. Die Songs der Gunners ernteten natürlich den meisten Applaus, die Songs der ersten Solo-Platte überzeugten zumindest mich nur teilweise. Trotzdem eine kurzweilige und spaßige Angelegenheit, denn wann bekommt man mal ein GnR-Mitglied und einige Songs zu sehen?
Der Co-Headliner des Tages war wohl der umstrittenste Act des Festivals: Jay-Z. Die unvermeidliche „Aber es heißt doch ROCK am Ring“-Diskussion lief natürlich vor dem Festival munter vor sich her und einige Unbelehrbare waren nicht in der Lage, das Ganze an der Biertheke über sich ergehen zu lassen. Es gab einige Mittelfinger Richtung Bühne von Leuten, wo es zu erwarten war. Alte, ignorante Kuttenträger. Aber sei’s drum, denn die Show des New Yorkers war nämlich eins: ein riesengroßes „Fuck you!“ an diejenigen, die an seinen Live-Qualitäten gezweifelt haben. Der Großteil des Publikums ging sehr anständig mit und feierte Jay-Z und seine hervorragende mehrköpfige Live-Band. Was die abzog, war Weltklasse. Hip Hop mit Live-Band funktionier bestens, auch vor Rockfans. Die Video-Show im Hintergrund war auch aller Ehren wert, sehr schön anzusehen und abwechslungsreich. Live-Bilder wechselten sich mit Video-Ausschnitten ab und gaben einigen Songs das gewisse Etwas. Höhepunkt des Sets: „New York“ mit fantastischen Bildern der Skyline der besagten Stadt. Gewinner des Tages: Jay-Z
Da mussten sogar die „Hater“ mit ihren erhobenen Mittelfingern „bouncen“ und mal ehrlich: wer kann bei Songs wie „99 Problems“ die Füße stillhalten?!
Da ich den New Yorker ja schon als Gewinner des Tages bezeichnet habe, kann man sich zurecht fragen: „Und was ist mit Rage Against The Machine?!“
Das darf man und ich muss leider sagen: es war eine Enttäuschung. Der Auftritt vor 2 Jahren an gleicher Stelle (und mit fast identischer Setlist) war ein triumphaler Siegeszug und eines der besten Konzerte, welches ich je gesehen habe. Aber dieses Mal stimmte es einfach nicht: nervige Circle Pits, ein sehr leiser Sound, keine Überraschungen bei der Songauswahl und lächerliche 75min Spielzeit. Dazu keine Ansagen und kaum Interaktion mit dem Publikum und der Gig war für mich gelaufen. Schade drum, dass ausgerechnet RATM sich als Enttäuschung des Festivals entpuppen mussten.
Der Samstag begann mit Dizzee Rascal auf der Centerstage und einer guten halben Stunden Party und Grime. Viele waren nicht da aber trotzdem wurde ausgiebigst getanzt und gefeiert. Und bei „Bonkers“ hüpften dann auch alle. Stark, gerne wieder!
Danach ging es zur Alternastage und man erfuhr dass Hellyeah leider abgesagt hatten, auch wenn sie schon auf dem Gelände waren und deren Merch zum Verkauf angeboten wurde. Also verschob sich alles um einen Slot nach hinten und ich konnte doch noch Lazer sehen, eine Spaßband von einigen Visions-Redakteuren. Klischee-beladener Hard Rock samt schrägen Kostümen und schrillen Ansagen „Hello Sweden! We are Lazer and you are not!“. Leider verstanden viele den Witz dahinter nicht und es flogen teils sogar Steine (!) auf die Band. Erbärmlich, nicht mehr und nicht weniger. Nach 4 Songs war auch schon Schluss und es folgte eines meiner persönlichen Highlights: As I Lay Dying
Die Umbaupause zog sich hin, aber als das Banner des aktuellen Albums gehisst wurde brandete frenetischer Jubel im Publikum auf. Mittlerweile waren einige Tausend Menschen vor der Bühne, weit mehr als ich erwartet hatte. Und mit dem ersten Track „94 hours“ war sofort Hochbetrieb auf der Bühne und im Publikum. Die Menge an Zuschauern schien die Band zu überraschen, sowas hat man wohl nicht alle Tage. Die 40min waren natürlich viel zu schnell rum, die Setlist ähnlich der des Frankfurter Gigs. Starker Gig, aber im Club 5 Tage später ging wesentlich mehr (siehe vorigen Blogeintrag).
Als nächstes durften Lamb Of God auf die Bühne und auch hier ging einiges. Jede Menge Energie auf und vor der Bühne, mit Randy Blythe hat man auch einen der charismatischsten und variabelsten Shouter im Metal-Zirkus, denn der Typ ist eine absolute Rampensau. Jede Menge Songs von Wrath, Sacrament und auch einiges älteres wie „Now you’ve got something to die for“ oder „Black Label“. Höhepunkt war für mich das schon auf Platte unglaublich geile „Redneck“, fantastisch!
Und nun, meine Damen und Herren, ich präsentiere den Gewinner in der Kategorie „Bester Auftritt bei Rock am Ring 2010“: Stone Sour!
In einem Wort: umwerfend. Der erste Gig der Band seit Jahren, spürbar nervöse Musiker (kein Wunder wen man mit einem neuen Song ins Set startet) aber spätestens mit dem ersten bekannten Song war alle Nervosität wie weggepustet. Die Band war in Top-Form, Corey charmant wie eh und je, stimmlich voll auf der Höhe und sehr Fan-nah. Jede Menge Kommunikation mit dem Publikum, darunter einige deutsche Ansagen („Wie geht es, meine Freunde?!“) taten dem Gig wirklich gut und erzeugten wahnsinnig viel Begeisterung. Das Publikum ehrte während dem Gig den kurz zuvor verstorbenen Slipknot-Bassisten Paul Gray mit Sprechchören und Bannern, was offensichtlich Corey sehr bewegte, der während dem Gig mehrfach den Tränen nahe war (wohl nicht nur er, jede Menge bedröppelte und mit den Tränen kämpfende Gesichter im Publikum). Es gab insgesamt 3 neue, allesamt sehr starke Songs und man darf auf das am 3. September erscheinende Album „Audio Secrecy“ sehr gespannt sein. Leider war auch dieser Gig nach 50min viel zu schnell rum. Unverschämt allerdings die Merchpreise, denn 30€ für ein Shirt dürfen eigentlich auch Metallica nicht nehmen, Stone Sour also erst Recht nicht.
Danach durften Alice in Chains auf die Bühne und hatten mit merklichem Stimmungsverlust zu kämpfen. Auch wenn viele Fans vor Ort waren, die Stimmung während Stone Sour wurde zu keiner Sekunde erreicht. Trotzdem hat mir das ganze sehr viel Spaß gemacht, denn die Musik ist einfach zu gut. Schwer und melancholisch mit wunderbaren Melodiebögen. Mein Highlight: das fantastische „Check my brain“ und das Werfen einer Firebird (!) ins Publikum.
Nach AiC ging’s wieder zur Centerstage um den Headliner des heutigen Tages zu sehen: Muse
Irgendwo auf dem Gelände tummelte sich auch As I Lay Dying-Gitarrist Phil Sgrosso rum, der ja selbst bekennender Muse-Fan ist.
Und fantastisch war es: guter Sound, fantastische Setlist und eine Band in absoluter Spiellaune. Lediglich die mangelnde Kommunikation fiel ein kleines bisschen negativ auf, aber dafür entschädigen Songs wie „Time is running out“ oder „Hysteria“. Sogar „Unnatural Selection“ vom aktuellen Album „The Resistance“ wurde gespielt, mein absoluter Lieblingssong der Platte.
Leider konnte ich nur den regulären Teil des Sets sehen, denn es ging zur Alterna zurück um Slayer zu sehen. Allerdings war auch deren Show enttäuschend, denn zum einen ging absolut gar nichts im Publikum und zum anderen war die Show total statisch. Selten dämliche Ansagen von Tom Araya aber das hat bei Slayer ja Tradition. Mehr als routiniert wurde die Setlist runtergezockt, dann war Schicht. Show schwach, Mucke geil.
Den Abschluss des Tages machten dann Motörhead. Und sie waren wie immer, nämlich laut, dreckig und alt. Aber geil, man kann sie so oft gesehen haben, es macht immer wieder Spaß. Die Setlist ist seit Jahren die gleiche, die Ansagen und Spielchen mit dem Publikum auch nur eines war neu, die Begrüßung: „Guten Abend… or should I say ‚Guten Morgen‘? Are your tired? No? Wanna go to sleep? No? Alright! We are Motörhead, we play Rock n‘ Roll and nobody falls asleep while we’re on stage!“ Für Motörhead-Verhältnisse scheint das jede Menge Abwechslung zu sein ;-)
War wie immer fantastisch, aber nach der Hälfte des Gigs war für mich Feierabend. Zu dem Zeitpunkt war es auch schon halb 3 nachts und ich seit 12 Stunden auf dem Festival-Gelände.
Der Sonntag begann mit mächtig Regen, das uns alle komplett durchnässte sowie erstmal mit wenig guter Musik. Zum einen Pendulum: die waren schon 2008 nervig, als ich im Zelt auf The Black Dahlia Murder gewartet habe und deren Drum n’base und den absolut nervigen Ansagen-Kasper über mich ergehen lassen musste. 2010 also wieder das gleiche Spiel, nur diesmal auf der Centerstage. Prodigy für Arme, next!
Eine fantastische EP, ein recht ordentliches Album, nervige Singles (bei denen sogar die Shouts rausgeschnitten wurden), ein 2. starkes, erwachseneres Album und zuletzt eine fürchterlich zahnlose 3. Weichspüler-Platte… das alles klingt nach Bullet For My Valentine. Von denen Live-Qualitäten hatte ich bis dato nichts Gutes gehört und gelesen, dementsprechend niedrig waren die Erwartungen. Und wirklich gut war der Auftritt bis auf „Hand Of Blood“ und die Songs der „Scream, Aim, Fire“ auch nicht. Zu viele „weiche“ Songs, zu wenig Arschtritte, kurzum: die Band hat keine Eier. Mehr als „Mädchen-Metal“ ist das derzeit nicht und wenn man sich im Publikum umschaute wurde diese These auch bestätigt. Nachsitzen!
Dann das musikalisch Kontrast-Programm: Hip Hop mit Cypress Hill, yeah! Es wurde wunderbar old school, leider ohne Live-Band wie bei Jay-Z. Und im Vergleich zum Auftritt des New Yorkers wurden die Herren von CH auch wesentlich weniger gefeiert. Teilweise war das ein Trauerspiel, aber man ließ sich die Laune auf der Bühne nicht verderben und spielte jede Menge Kracher-Songs wie „How could I just kill a man?“, „Latin Thugs“ (E.W. sei an dieser Stelle gegrüßt!) oder neueres wie „Rise Up“, den Titelsong des aktuellen Albums. Auch ein kurzes „Weed-Medley“ (mit “ I Wanna Get High”, “Stoned Is the Way of the Walk”, “Hits From the Bong“ und “Dr. Greenthumb“) wurde gespielt, inklusive Joint-Rauchen auf der Bühne. Ein kurzes Percussion- (das war live) und DJ-Solo, dann noch „Rock Superstar“ und ein eigentlich toller Gig war zu Ende, der leider unter dem Publikum litt. Wir haben aber mächtig Spaß gehabt, in einem Club wäre das Ganze sicherlich noch zig mal besser.
Der Co-Head des Tages: Rise Against, die bei mir noch einiges gut zu machen hatten. Der Gig in der Hamburger Sporthalle im Januar 2009 war nahe an der Grenze zu fürchterlich, dieses mal war es glücklicherweise wesentlich besser. Man hatte ordentlich Hummeln im Hintern, war ständig unterwegs, sprang, schrie und hüpfte… nur auf dieser riesigen Bühne und vor diesem Publikum funktionierte es nicht so recht. Das einsetzende Gewitter tat sein übriges, aber die Band war sich nicht zu schade und zockte im Regen weiter. Trotzdem: Wiedergutmachung geglückt!
Nun durfte man eine Stunde im Regen warten, denn der Headliner ließ sich ordentlich Zeit. Aber die Bühnenshow von Rammstein baut sich ja auch nicht innerhalb von 20min auf. Also wartet man geduldig und wird reichlich entlohnt.
Zwar gleicht ein Rammstein-Auftritt eher einer Theater-Aufführung als einem Konzert aber es macht trotzdem jede Menge Spaß! Schließlich war Rammstein für sehr viele (inklusive mich) eine der ersten „harten“ Bands, die man hörte und die einem den Weg in die Welt des Metal zeigte. Für meinen Geschmack wurde zu viel vom neuen Album gespielt und zu wenig Altes (Wo zum Henker war „Seemann“?), dafür gab es jede Menge Pyro und Show. Zum ersten Mal seit der Zensierung wurde „Ich tu Dir weh“ wieder mit Original-Text gespielt (Reaktion ungefähr: wtf? Wie geil, die haben ja Eier das bei einer Live-Übertragung zu spielen!), im Nachhinein stellte sich heraus dass das Album (vorläufig) wieder vom Index gestrichen wurde. Nach ca. 90min wurde das Konzert mit „Ich will“ beendet und die Massen strömten zur Alterna… zumindest dachte ich das, denn da spielten als letzte Band des Festivals Them Crooked Vultures (bestehend aus John Paul Jones, Joshua Homme und Dave Grohl) aber weit gefehlt! Vielleicht war das miserable Wetter Schuld oder die Tatsache dass die Musik dieser „Super-Group“ nicht unbedingt eingängig und radiotauglich ist, aber vor der Bühne waren vielleicht noch zwei- bis dreitausend Leute. Diese waren aber bestens gelaunt so dass das Konzert ein weiteres Highlight wurde. Ellenlange Jam-Sessions, geniale Bass- und Klavier-Einlagen von John Paul Jones und anderthalb Stunden fantastische Musik. Es wurden 11 der 13 Songs des selbstbetitelten Albums gespielt, die live mindestens genauso gut wie auf Platte kommen. Für dieses Highlight lohnte sich das stundenlange Ausharren in der Kälte, ein fantastischer Festival-Abschluss. Man darf auf das zweite Album gespannt sein, welches noch dieses Jahr kommen soll.

Fazit: Jede Menge starker Bands, allerdings viele negative Randerscheinungen wie betrunkene pöbelnde Leute und überteuerte Getränkepreise (3€ für 0,3 Wasser, genauso teuer wie Bier!) sowie zu lange Wege zwischen den Bühnen und zu den Camping-Plätzen. Wenn man allerdings in die Gerüchteküche bei ringrocker.com schaut, dann muss man befürchten dass die eigene Anwesenheit am Ring 2011 unumgänglich wird. Aber warten wir es ab ;-)

Bilder gibt es hier: Klick!

Donnerstag, 17. Juni 2010

Forever your eyes...

Es hat fast 3 Jahre gedauert bis ich As I Lay Dying endlich wieder live sehen konnte. Nach dem durchaus starken Auftritt am Ring ein paar Tage zuvor (Bericht folgt!) gastierte der Fünfer aus San Diego in der Frankfurter Batschkapp. Da war die Entscheidung schnell gemacht, bei einem Preis von nicht ganz 20€ für’s Ticket sowieso. Und die Batschkapp ist ja auch nicht der größte Laden, es sprach also einiges für ein klasse Konzert.
In der Batschkapp angekommen, wurde sofort eines klar: es wird verdammt heiß werden! Das Konzert hatte noch nicht mal angefangen und die Temperatur im Club befand sich zu dem Zeitpunkt mit Sicherheit schon jenseits der 30°.
Als Support fungierten an diesem Tage die Deathcore‘ler von Whitechapel, Vertreter einer Musikrichtung mit der ich bis heute einfach nicht warm werde. Zu aufgesetzt die Brutalität, häufig viel zu monotones Songwriting (Up tempo, Blastbeat, Breakdown und von vorne) und für meinen Geschmack wenig bis kaum Gefühl in den Songs.
Auch Whitechapel konnten nicht viel an meiner Meinung ändern, auch wenn deren Auftritt ziemlich energiegeladen daher kam und sehr ordentliche Reaktionen einfuhr, im Pit war bereits einiges los. Trotzdem wollten mich die über und über mit Breakdowns gespickten Songs nicht packen und warum die Band 3 (!) Gitarristen braucht, erschloss sich mir nicht. Zweistimmige Soli o.ä. bekam man nicht zu hören, warum man also in dieser Konstellation auf der Bühne steht, wird nur die Band wissen.
Nach ca. 35-40min war bereits wieder Schluss, die Band bedankte sich artig und fuhr mehr als Anstandsapplaus ein.
Die Umbaupause nahm dann eine knappe halbe Stunde in Anspruch, also flugs frische Luft schnappen und die im Stehen (!) verschwitzte Flüssigkeit wieder nachfüllen. Ein kurzer Blick auf den Merchstand und siehe da, trotz gestiegener Popularität verkaufen AILD noch immer ihre Shirts für faire 15€. So lob ich mir das, gerade weil ähnlich erfolgreiche Kollegen wie Lamb Of God hierzulande gerne auch mal 10€ mehr nehmen.
As I Lay Dying begannen ihr Set mit „94 hours“, was für ein Auftakt! Man muss schon eine Menge an Hits im Repertoire haben, wenn man einen solchen Song gleich am Anfang zündet. Und sofort war der Pit auf Höchst-Temperatur. So gerne ich auch über rücksichtslose und unkontrollierte Pits (wie z.B. am Ring) meckere: an diesem Abend ging es äußerst fair zur Sache, trotz aller Härte. Daumen hoch dafür, so macht das Spaß! Es gab so gut wie keine Einzelkämpfer, die den Pit zu ihrer Karate-Vorführbühne machten, sondern alle feierten gemeinsam eine der besten modernen Metal-Bands dieser Zeit.

Die Band zeigte sich äußerst spielfreudig und legte mit „An ocean between us“ direkt nach, meiner Meinung nach einer der besten Songs, die sie je geschrieben haben. Nach „Through Struggle“ folgte mit „Beyound our suffering“ erstmals ein neuer Song, der vertrackteste des neuen Albums. Auf die Frage von Sänger Tim Lambesis, wer denn schon das neue Album gekauft hätte, gingen bei weitem nicht alle Hände nach oben. Da gibt’s also noch einiges nachzuholen! ;-)
Mit „Vacancy“ und „Condemned“ gab es noch zwei weitere neue Songs, interessanterweise aber nicht „Parallels“, zu welchem man ja ein Video gedreht hat.

Tim bedankte sich mehrfach für die Unterstützung, welche die Band seit Jahren aus Deutschland erhält und dafür dass an diesem Tag so viele zum Konzert gekommen sind. Die 5 wirkten generell sehr sympathisch und ehrlich erfreut über die Reaktionen aus dem Publikum und so feuerte man sich immer wieder gegenseitig an. Gerade Nick Hipa hatte den ganzen Gig ein Grinsen im Gesicht, aber er ist ja generell für seine dauerhafte gute Laune bekannt.

Zwischendrin durfte Drummer Jordan Mancino ein kurzes Solo spielen und sich seinen verdienten Extra-Applaus abholen. Mit „I never wanted“ hatte man auch eine vergleichsweise ruhige Nummer im Gepäck und zu meinem Erstaunen funktionierte diese auch live sehr gut. Das mächtige „Confined“ beendete den regulären Teil des Sets, mit „Nothing Left“ und „Forever“ gab es noch 2 Zugaben und dann war endgültig Feierabend.
Leider dauerte das Konzert gerade mal 60min, was bei der Menge an Material (mittlerweile 5 Alben) doch sehr dürftig ist. Auch wenn man vergleichsweise wenig Eintritt bezahlt hat, 75min sollten es schon mindestens sein.
Insgesamt war es ein toller Konzertabend und für eine Abkühlung nach dem Konzert war auch gesorgt, denn draußen wütete ein kräftiges Gewitter sodass man bereits nach nicht mal einer Minute klatschnass war.
Der Club war mehr als gut gefüllt, schätzungsweise waren 400 Besucher anwesend, mehr werden wohl auch kaum reingepasst haben. Es ist durchaus fraglich ob man As I Lay Dying nochmal in solch einem kleinen Club zu sehen bekommen wird, die angekündigte Tour im Herbst wird wahrscheinlich in größeren Hallen stattfinden.

Setlist

94 Hours
An Ocean Between Us
Through Struggle
Beyond Our Suffering
The Sound Of Truth
Within Destruction
Vacancy
Condemned
Meaning In Tragedy
I Never Wanted
Confined

Nothing Left
Forever

Donnerstag, 27. Mai 2010

Secret And Whisper

Neben all dem Geknüppel und Gebolze, dem ich mich Tag für Tag aussetze braucht es manchmal auch ruhigere Töne. Manchmal wird es akustisch und Jack Johnson darf mir mit seinem fantastischen „In between dreams“ den Tag versüßen, manchmal wird es poppig und Bands wie Metric oder die neuen Lostprophets dürfen in den CD-Player, manchmal melancholisch und Sven Regener darf mit seinen Mannen von Element of crime regnerische Tage erträglich machen und manchmal dürfen auch Männer mit verdammt hohen Stimmen ran. Die Rede ist hier noch von Iron Maiden oder sonstigem Heavy Metal sondern von Musik, die man am ehesten im Bereich vom sog. Emo einordnen würde.
Ein Beispiel dafür sind zum Beispiel Underoath, die über mehrere Alben auch hohen Gesang von Drummer Aaron Gillespie enthielten, welcher ein absolutes Wiedererkennungsmerkmal der Band war.
Nach der letzten Europa-Tour ist der Gute allerdings aus der Band ausgestiegen, den Platz hinter der Schießbude nahm der ehemalige Norma Jean-Drummer […] ein. Find ich durchaus schade da ich den Gesang von Aaron sehr gerne mochte. Umso erfreuter war ich als ich von seinem Neben- bzw. jetzigem Hauptprojekt The Almost hörte. Also flugs reingehört und bitterböse enttäuscht worden. Zigmal gehörter Pop-Rock der übleren Sorte, ein Gillespie der gesangsmäßig wesentlich bessere Zeiten hatte und Songs, die mich wirklich hart langweilten. Schade drum, schließlich hatte ich durchaus einige Erwartungen an das Projekt.
Allerdings bin ich kürzlich auf eine Band gestoßen, die teilweise in die gleiche Kerbe schlägt wie Underoath, nur mit der Einschränkung dass hier nun ausschließlich klarer Gesang eingesetzt wird. Secrets and Whisper aus den USA sind sehr wahrscheinlich der Traum eines jeden hip gestylten Kiddie-Mädels mit Karoschuhe, Nietengürteln und der obligatorischen „Der Scheitel muss mir so ins Gesicht fallen“-Frisur, kurzum: Musik für Mode-Emos.
Macht’s das von vornherein schlecht? Mitnichten, also flugs ein Ohr riskiert und suprise, suprise: Das macht ja sogar Spaß! Durchweg melancholische Songs im Midtempo-Bereich mit glasklarem, glockenhellem Gesang in Ton-Gefilden, die sich vielleicht noch Axl Rose zutraut.
Auf Album-Länge taugt das meiner Meinung nach nicht so ganz, aber für eine knappe halbe Stunde fesselt der an und für sich alles andere als innovative Sound allemal.
Wer seine musikalischen Scheuklappen also gerne mal abnimmt, sich nicht scheut möchtegern-harte Musik für pubertierende Mädchen zu hören, könnte eventuell positiv überrascht werden.
Anspieltips: Warrior, XOXOXO, Famous for a century
Hörproben: www.purevolume.com/secretandwhisper

As I Lay Dying - The Powerless Rise


Wenn man als Metalband der härteren Gangart über eine Million Alben verkauft, mehrere ausverkaufte Headliner-Touren sowohl in USA als auch in Europa spielt und everybodies darling in der Presse ist, dann ist es wahrscheinlich sehr verlockend auf Nummer sicher zu gehen und ein Erfolgsalbum wie „An Oean Between Us“ noch einmal aufzunehmen und ordentlich abzukassieren. Stolze 39500 Einheiten verkaufte sich das letzten Album´von San Diegos finest in der ersten Woche in den USA und schoss damit auf einen sensationellen #8 der amerikanischen Billboard Charts. Für eine Metalband nicht unbedingt alltäglich, für deren Label Metal Blade ein großer kommerzieller Erfolg und dem Konto der 5 Herren sicherlich sehr förderlich. Da der ein oder andere Frau (und Kind) hat wäre es in gewisser Weise nachvollziehbar wenn man das Erfolgsrezept einfach wiederholt.
Jedoch wird Weiterentwicklung seit jeher bei As I Lay Dying großgeschrieben, mit jedem Album wurde das Spektrum erweitert und der Sound verfeinert. Das erste Album „Beneath The Enchasing Of Ashes“ kann man getrost als Zao-Coveralbum bezeichnen, die Band tut dies ja auch. Gerade einmal 3 Monate nach Bandgründung wurde das Album innerhalb von 5 Tagen aufgenommen, gemixt und gemastert, dementsprechend rau klingt sie auch.
Das nächste Album (die Split-EP mit American Tragedy mal ausgeklammert) klang schon wesentlich eigenständiger auch wenn die Mixtur aus Death Metal, Hardcore, Breakdowns und Blastbeats ziemlich angesagt war zu dieser Zeit. „Frail Word Collapse“ schlug ein wie eine Bombe in die noch relativ junge Szene und hat heute Klassikerstatus. Das Album an sich war allerdings nicht gerade aus einem Guss, man sprang dann doch ziemlich hörbar zwischen den einzelnen Stilen hin und her. Man kann es als „nicht ausgereift“ bezeichnen, jedoch erzeugt gerade diese stilistische Unentschlossenheit (und der sehr ungewöhnliche Sound) diesen Charme, welcher diese Platte ziemlich einzigartig im sog. Metalcore macht.
Der Nachfolger „Shadows Are Security“ wirkte da schon wesentlich homogener, straighter aber leider auf Album-Distanz manchmal etwas eindimensional. Der ziemlich dicke, aber nicht glattpolierte Sound tat sein Übriges und somit bekommt man eine knappe Dreiviertelstunde die volle Breitseite ab.
Das „An Ocean between Us“ wesentlich variableres Songwriting vorweist liegt mit Sicherheit daran, dass das Besetzungskarussell innerhalb der Band langsam zu Stillstand kam. Mit Nick Hipa und Phil Sgrosso hatte man nun seit 2 Alben junge und talentierte Gitarristen, die sich hörbar weiter entwickelten und die recht simplen, drückenden Riffs der Vorgänger durch komplexere Songstrukturen ersetzten. Die Songs des Albums sind durchaus verschieden, wirken in ihrer Gesamtheit aber nie lieblos zusammengewürfelt.
Und nun konnte Sänger Tim Lambesis zum ersten Mal bei einem neuen Album auf die komplette Stammbesetzung des Vorgängers zurückgreifen. Neben den beiden Gitarristen sind dies Gründungsmitglied Jordan Mancino am Schlagzeug sowie Bassist Josh Gilbert. Und zum ersten Mal hat man bei Hören nicht den Eindruck dass die Band den Sound des Vorgängers völlig über Bord geworfen hat. Es sind nun kleinere Veränderungen welche die Band souverän an der Klippe namens Stagnation vorbeisegeln lassen, die vielen Bands aus dem Bereich zum Verhängnis wird.
Beim ersten Hören des Albums bleibt man aber erstmal relativ ratlos, zu ähnlich scheinen auf den ersten Blick die neuen Songs. Doch nach ein paar Durchläufen erschließen sich einem die neuen Songstrukturen und Feinheiten, und ab da wird das Album zu einem Genuss.
Die Platte startet mit dem brachialen „Beyond Our Suffering“, welches ohne Klargesang und mit vertrackten Riffs daherkommt und gleich einmal klarmacht, in welche Richtung es mit diesem Album geht: schneller Thrash mit Death-Einschlägen, Blastbeats und sparsam eingesetzten, intelligent in die Songs integrierten Breakdowns. Lambesis‘ Shouts sind brutal wie nie, im Vergleich zum Vorgänger hat er stimmlich noch mal eine Schippe draufgelegt. Früher war monotones Shouten an der Tagesordnung, heute sind diese variabel wie nie, ungewöhnlich hohes Keifen als auch tiefe Growls kommen hier zum Einsatz.
Der folgende Song „Anodyne Sea“ kommt ein Stück weit melodischer daher, zum ersten Mal kommt der Gesang von Bassist Josh zum Einsatz, weniger hart erscheint einem dieser Song jedoch nicht denn es geht auch hier z.T. rasend schnell zu. Der Mittelteil nimmt dann etwas das Tempo raus und hier dürfen sich Nick und Phil mit ihren Soli austoben, die teilweise dann doch etwas hart an der Grenze zum Kitsch wildern. Macht aber nix, technisch sind die beiden nämlich über jeden Zweifel erhaben, das spiegelt sich in sämtlichen Soli des Albums wieder.
„Without Conclusion“ macht von Anfang an keine Gefangenen und rauscht mit schnellen Soli, Blastbeats und anständig drückenden Thrash-Riffs am Hörer vorbei. Gerade der Anfang gibt Einblick in den Musikgeschmack der Jungs, kredenzt man hier nämlich ein lupenreines Gojira-Gedächtnis-Riff. Sehr löblich.
Mit dem folgenden „Parallels“ folgt einer der melodischsten Songs des Albums, nicht umsonst wurde für diesen Song ein Video gedreht. Nach einem temporeichen Start geht die Band diesen vergleichsweise gemäßigten Song relativ ruhig an, der mit einem tollen Refrain aufwartet und Josh dementsprechend viel Raum bekommt.
Damit man aber erst gar nicht den Eindruck bekommt dass AILD hier einen auf Weichspüler machen, ballern sie einem direkt „The Plague“ vor den Latz. Da klingt nicht nur der Titel fies, Tim begrüßt einen mit einem abgrundtiefen Growl und los geht’s. Was nun folgt sollte jeder Anfänger-Band als Lektion für intelligentes Songwriting dienen, die Nummer wandelt nämlich jenseits des 0815-Songwritings ala Strophe-Refrain-Bridge. Wer nach dem Beginn dachte dass hier über 3:00 die wilde Sau durchs Dorf brettert, ist auf dem Holzweg. Ganz großes Song-Kino, eines der Highlights der Platte mit Tempo-Wechseln, tolle Soli und sehr viel Atmosphäre.
Mit „Anger and Apathy“ behält man den „Ein Song ohne Klargesang, einer mit“-Rhythmus bei. Wieder gibt es arg pathetische Lead-Gitarren zum Einstand, wiederum eine gute Gesangsleistung von Josh und die Handbremse wird auch hier etwas angezogen. Allerdings hat man einen solchen Song von AILD auch noch nicht gehört, zu untypisch das Songwriting. Zum ersten Mal seit „Behind me lies another fallen soldier“ gibt es hier sogar unverzerrte Gitarren.
„Condemned“ beginnt bedrohlich, mündet dann in eine astreine Thrash-Nummer, die im Refrain mit flirrenden, dissonanten Gitarren doch ganz schön Eindruck macht. Tolle Nummer, die auch live sicherlich einiges kann.
Mit „Upside Down Kingdom“ folgt wieder ein relativ untypischer Song für AILD. Von der Stimmung her der wohl beklemmendste Song des Album, der die Albumnamen-gebende Textzeile enthält. Gerade dieser Song zeigt wie stark sich das Songwriting doch verbessert hat, von stumpfen palm mute-Schrammelriffs keine Spur und wiederum ein guter gesungener Refrain.
„Vacancy“ drückt wieder ein bisschen mehr aufs Gaspedal, hat wieder tolle (und zum Ende auch ungewohnte) Leads am Start und wird hoffentlich auch live auf den kommenden Gigs in Europa zu hören sein. Auch hier darf Josh wieder den Refrain singen, hier frag ich mich aber zum ersten Mal ob das wirklich sein musste. Der Refrain ist auf keinen Fall schlecht nur klingt er ziemlich gewöhnlich.
Mit „The only constant is change“ folgt der in meinen Augen schwächste Song des Album, irgendwie will wegen der vielen Breaks kein richtiger Fluss in die Nummer kommen und der 3/4-Takt im Refrain nimmt der Nummer auch ein gewisses Maß an Power.
Der letzte Song des Album „The blinding of false light“ kommt zwar ähnlich schleppend daher, wirkt aber schlüssiger und kommt mit melancholischen Gesang-Parts daher, die ich eher bei den Deftones vermuten würde als bei AILD. Macht aber nix, passt nämlich hervorragend. Eine starke, ungewohnte Nummer zum Schluss lässt das Album würdig ausklingen.
Was gesondert erwähnt werden muss, sind die Texte. Jeder, der sich mit der Band etwas genauer beschäftigt hat wird wissen dass alle Bandmitglieder bekennende Christen sind. Trotzdem kann man die meisten Texte vielseitig deuten, auch wenn einem der Bezug immer wieder deutlich wird. Gerade „Upside Down Kingdom“ und „The blinding of false light“ sind etwas deutlicher, sodass man sehr schnell erkennt worum es hier geht. Mich persönlich stört das überhaupt nicht, im Gegenteil, diese Band ist u.a. wegen den Texten meine Lieblingsband. Besonders „Anodyne Sea“, „Parallels“ und „The Plague“ haben es mir angetan.
Auch dieser Fakt ist dafür verantwortlich dass AILD zu jeder Zeit 2,3 Klassen besser sind als der Rest der Bands aus dem sog. Metalcore und den Beweis antreten dass man nach guten erfolgreichen Alben nicht stagnieren und sich auf den erarbeiteten Lorbeeren ausruhen muss. Davon darf sich Produzent Adam Dutkewicz gerne eine Scheibe abschneiden, schließlich stagniert seine Band Killswitch Engage seit ein paar Alben, auch wenn diese ebenfalls noch besser sind als viele Alben anderer Bands.
Sollte diese positive Entwicklung, die sicherlich einige nicht so gerne sehen, anhalten, steht AILD der Aufstieg in Größenregionen der Marke Lamb of God und evtl. sogar Slipknot bevor, verdient hätten sie es sich allemal.
Nach anfänglicher Skepsis bin ich also sehr zufrieden (lediglich der arg glatt polierte Sound schmälert den Hörgenuss ein kleines bisschen) und freue mich diebisch auf die anstehenden Konzerte.

Mittwoch, 19. Mai 2010

...weil wir Schwäne war'n

Turbostaat sind ein Phänomen. Die 5 Herren aus dem hohen Norden spielen Punk mit starkem Indie-Einschlag und vertrackten deutschen Texten. Was ist denn bitte ein „Fünfwürstchengriff“ oder was soll man sich unter Songtiteln wie „Charles Robotnik seine Frau“ vorstellen?
Die Texte strotzen nur so vor lauter interessanten sprachlichen Bildern und jeden Versuch, diese zu interpretieren, sollte man gleich sein lassen. Das macht nur die Musik kaputt und raubt den Songs das fesselnde. Wirklich greifbares würde man da eh nicht herausfiltern können.
Also geht man lieber auf ein Konzert, vergisst mal alles andere und lässt sich mitreißen. Und singt Zeilen wie „Wenn der Sommer kommt, erwürg mich im Maisfeld mit“, die für sich gesehen durchaus etwas seltsam anmuten aber im Ganzen, mit der Musik schlicht und ergreifend … wunderschön sind.
Am 8.5. gastierten Turbostaat in Gießen, für schmale 12€ durfte man an dem Spaß teilnehmen. Die Band legt ja bekannter weise viel Wert drauf, dass sie „bezahlbar“ ist. U.a. konnte man im Voraus das neue Album „Das Island Manøver“ (als CD oder LP) zusammen mit einem Ticket für 23€ bestellen, auf den Konzerten kosteten die Alben 10€ (auch beide Formate) und Textilien kosteten auch nicht viel. Daumen hoch dafür, macht die Jungs noch sympathischer als sie eh schon erscheinen.

Im Muk in Gießen musste man aber erstmal Frau Potz aus Kiel über sich ergehen lassen, wobei so schlimm waren sie dann doch nicht. Aber auch nichts besonderes, Punk mit recht platten deutschen Texten und latentem Indie-Einschlag. Klingt ja erst mal nicht viel anders als Turbostaat, nur der Unterschied ist: Turbostaat sind nicht peinlich.
Knappe 30min durften die Kieler spielen, erspielten sich ordentlichen Anstandsapplaus und verschwanden nach dem Gig sofort hinter dem Merchtisch um ihre Ware an den Mann oder die Frau zu bringen

Die Umbaupause zu Turbostaat zog sich dann doch recht lange hin, obwohl eigentlich schon alles an Equipment auf der Bühne stand.
Los ging’s dann letztendlich mit „Drei Ecken – ein Elvers“ vom Debüt „Flamingo“. Das gut gefüllte MuK war sofort äußerst tanz- und singwillig, das steigerte sich dann aber noch mit dem folgenden „Bei Fugbaums“. Aus hunderten Kehlen tönte „Und der Nachttisch voller Bilder, viel zu blau, viel zu grün, viel zu grell und viel zu hell“, die Stimmung war prächtig und die Band kam aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus. Insbesondere Ober-Sympath Jan schien ehrlich begeistert zu sein, machte die ein oder andere authentisch wirkende Ansage, wie sehr sich die Band doch freue dass alle mitsingen, die Alben kaufen und es der Band ermögliche Musik zu machen. Sowas feuert eine feiernde Menge natürlich an, dementsprechend ging es während dem gesamten Konzert hoch her. Ich hab selten ein Konzert erlebt, dass keinen einzigen Stimmungshänger hat, wie es hier der Fall war. Das neue fantastische Album „Das Island Manøver“ wurde fast komplett gespielt, sogar der genannte „Fünfwürstchengriff“ inklusive Drumcomputer wurde als letzte Zugabe gespielt. Verdient hat es das Album auf jeden Fall, da es eigentlich keinen schlechten Song enthält und reihenweise Ohrwürmer parat hat. Dazu kamen viele Lieder des Vorgängers „Vormann Leiss“, ein Album dass meiner Meinung nach zu den besten deutschsprachigen Alben aller Zeiten gehört. Dadurch fielen natürlich einige ältere Songs raus, was mich allerdings nicht störte da die letzten beiden Alben mich einfach mehr fesseln. U.a. wurden „Monstermutter“, der o.g. Opener und als vorletzten Song das fantastische „Schwan“ gespielt.

Nach ungefähr 80min (inklusive 5-6 Songs als Zugabe) war dann Schluss, die Band wurde anständig gefeiert und verschwand dann von der Bühne. Übrig blieben viele glückliche Gesichter, das hippe Indie-Mädel grinste genauso wie der langhaarige Metalhead, an dem Abend waren nämlich sämtliche Subkulturen vertreten, die eine mehr und die eine weniger peinlich. Und genau das ist das erwähnte Phänomen, so verschieden die einzelnen Szenen auch sind, es scheint einen gemeinsamen Nenner zu geben: Turbostaat.

Montag, 26. April 2010

Cypress Hill - Rise up

Eins mal kurz vorweg: Die Idee zu dem Blog kam, wie schon erwähnt dadurch, dass ich mit einem gewissen E.W. ewig viel über Musik geschrieben habe. Damals schon haben wir daran gedacht, zu zweit einen solchen Blog zu machen. Technisch bedingt gibt es derzeit aber nur mich als Autor, das wird sich aber bald ändern.
Das folgenden Review stammt also nicht aus meiner Feder, sondern aus der eines bekennenden Cypress Hill-Fans und -kenner.


First they ditched the funk, then they ditched the Boom-Bap - and now this?!
So lautet eines von vielen Zitaten zu den Höreindrücken des neuen Albums von Cypress Hill "Rise Up". Nach 6 Jahren meldet sich die Gruppe wieder zurück an der Oberfläche. Wer genau hinschaut, erkennt auf etwaigen Fotos im voraus entweder nur drei Gruppenmitglieder oder einen Typen hinter dem Mischpult, der jetzt der Tourersatz (Julio G vom Westcoast Radio) für die wichtige, zentrale und nun vor allem fehlende Figur ist: DJ Muggs.
Niemand hat der Band je den Vorwurf gemacht etwas neues auszuprobieren. Wenn aber der Mann fehlt, der mit seinen Produktionen und Weisungen seiner Rapper der Band den Kultstatus mit ihrer "bicoastal production" den Weg gewiesen hat, ist die Sorge berechtigt, ganz besonders wenn statt seiner der berühmte Frontmann mit der nasalen Stimme, B-Real, das Ruder übernommen hat. Der hatte mit seinem Soloalbum Smoke'n'Mirrors nämlich auch keinen Glücksgriff gelandet.

Erstmal kann jedoch gleich in zweierlei Hinsicht Entwarnung gegeben werden. Einerseits, weil selbst die beiden Tracks von Muggs auch nur von ihm co-produziert sind und nur einer wirklich gut ist. Zweitens, weil B-Reals Produktionen durchschnittlich, aber kein kompletter Reinfall sind.
Darüber hinaus besitzt das Album durchaus einige Lichtblicke, die aber rar gesäht sind. "Light It Up" z.B. zeigt auch mal wieder den guten, alten Pete Rock in Höchstform. Tom Morello lässt Cypress verdammt nach Rage Against The Machine klingen, was aber in diesem Fall nur positiv zu sehen ist, wenn man bedenkt wie verzahnt die Aufstiegsgeschichte der beiden Bands ist. Ansonsten geben sich besonders in der Produktion weitere Gäste die Klinke in die Hand. Erwähnenswert ist hier Jim Jonsin, der mit seinen zwei Beiträgen wirklich etwas sehr gutes liefert, im Gegensatz zu dem Unsinn den er normalerweise mit Lil Wayne verzapft. Unverständlich ist aber, warum B-Real bei der Trackauswahl das schon ewig bekannte und ursprünglich gar nicht für das Album geplante "Get Em Up" auf das Album gepackt hat und stattdessen eine Produktion mit DJ Premier (!) oder eben die Tracks mit Ill Bill, Apathy oder Slash verworfen hat. Gerade ersteres ist zumindest für mich ein feuchter Traum.
Trotz allem hätte ich mir aber lieber einen weniger feature-lastigen LP gewünscht, besonders nachdem das seinerzeit auch mal von Sen Dog angekündigt wurde.

Insgesamt sind gerade die Produktionen das Problem des neuen Cypress-Hill-Albums. Von einem Ausflug in andere Gefilde kann man zwar schon sprechen, aber er verläuft leider nicht immer glücklich. Man merkt zwar, dass besonders ein schnelleres Tempo neuen Wind bringen sollte, jedoch klingt einfach zuviel zu beliebig. Und ob es nicht mehr nach Cypress klingt? Darüber will ich mich eigentlich gar nicht echauffieren. Gegen neue Wege habe ich nichts, aber bitte nicht so!
Was wiederum zumindest für mich kein Grund zum meckern ist, sind die Auftritte von B-Real und Sen Dog als Rapper. Letzterer hat mit seinem Soloalbum gezeigt, dass er völlig zu Unrecht über die Jahre hinweg bei Cypress nur die zweite Geige gespielt hat und nicht mal öfter am Start war. Einzig "Armada Latina" macht Sen Dog nicht so gut. Davon mal abgesehen, sind seine Auftritte jedoch klasse und er ist darüber hinaus fast auf jedem Track zu hören, was bei früheren Alben durchaus bemängelt werden durfte. B-Real wiederum ist einfach einer der besten MCs. Er klingt vielleicht nicht mehr ganz so quietschig und weed-verrückt wie früher, aber rappen kann er noch immer - wenn schon nicht gut produzieren, dann wenigstens das. Ebenfalls erwähnenswert ist die Verstärkung des "back and forth"-Aufbaus der Reimerei. Sehr gut!

Bevor es nun abschließend zu einem Urteil kommt, präsentiere ich hier die Tracklist und meine hochgestochenen Kommentare zu jedem einzelnen Titel:

1. It Ain't Nothin (Gast: Young De, Produktion: B-Real)
Nach einem Skit kommt der wohl schlechteste Einstieg den es je auf einem Cypress-Album gab. Besonders die Drum-loops klingen irgendwie nach einem viel zu clubähnlichen Sound, den B schon auf Smoke'n'Mirrors hatte. Young De, B-Reals Protege dieser Tage, ist nur auf der Hook vertreten, was zahlreiche Fans gefreut hat. Ich finde seine zwei Zeilen hier ganz okay. Insgesamt geht mir der Track nach mehrmaligem Hören schon etwas besser ab, jedoch würde ich nur noch 5.5/10 vergeben.

2. Light It Up (Produktion: Pete Rock)
Dieser von Pete Rock produzierte Track ist mein Favorit auf dem Album. Die beiden Rapper klingen wie in früheren Tagen. Und wenn Sen Dog sagt Pete Rock und der Hill seien eine gute Combo, dann stimmt das voll und ganz. Eine kleine Ironie am Rande: Während Pete Rocks letztes Album besonders wegen dessen fast schon kinderhaften Reimen verschmäht wurde, sind es bei B-Real die Produktionen. Der Track ist jedenfalls fein. Eine Höchstwertung vergebe ich aber nicht, da durch das schon auf dem verstreckten Roots Track vom Album "The Tipping Point" (2004) eingesetzte Sample von Barry White dem anderen Track einfach zu ähnlich klingt. Daher 9/10.

3. Rise Up (Gast: Tom Morello, Produktion: Tom Morello & B-Real)
Der Titeltrack gehört zu den weiteren Perlen des Albums. Auch hier ist es wieder Sen Dog, der besonders positiv mit seiner zweiten Strophe und dem Michael-Myers-Vergleich auffällt. Bemängeln könnte man jetzt höchstens die letzte lahme Hook sowie das für Morello-Verhältnisse eher standardmäßige Solo. 9/10.

4. Get It Anyway (Produktion: Jim Jonsin)
Der erste Jonsin-Track gefällt mir erstaunlich gut. Ein melodisches Ding, dass an Tracks vom Vorgängeralbum "Till death do us part" erinnert. Ebenfalls einer der besseren Stücke des Albums. 8/10.

5. Pass The Dutch (Gäste: Evidence & Alchemist, Produktion: DJ Khalil & DJ Muggs)
Ev & Alc gehören schon lange zur Familie der Soul Assassins und sind vernünftige Gäste für diese typische Marihuanahuldigung. Doch der Alchemist kann raptechnisch mit B-Real und Evidence nicht mithalten, wie man leider schon auf anderen Stücken von ihm erkennen musste. Schuster, bleib bei deinen Leisten! Alchemist ist ein würdiger Muggs-Nachfolger was die Produktion angeht, jedoch auch nur ein durchschnittlicher Rapper. Ach ja, und wenn wir von der Produktion sprechen: Ich habe bewusst zuerst Khalil genannt. Der erprobte Hörer wird nämlich sofort diesen als treibende Kraft des Tracks identifizieren können. Von DJ Muggs ist hier wenig zu hören. Trotzdem sehr gut: 9/10

6. Bang Bang (Produktion: B-Real)
Wie viele Songs mit diesem Titel gibt es eigentlich? Nun ja, auch dieser hier wird sich nicht in der Riege der Banger erheben. Der Beat ist langweilig und eintönig, das hochgepitchte Sample braucht es einfach nicht. Ein Teil der Flop 3, wenn man so will, vielleicht sogar der mieseste auf dem ganzen Album. 3/10

7. K.U.S.H. (Produktion: Sick Jacken & B-Real)
Leider eine weitere kleine Enttäuschung. Sick Jacken, der mit seinem Bruder Big Duke und B-Real das legendäre erste Psycho-Realm-Album auf die Beine gestemmt hat, leistet hier mit dem Beat zwar solide Arbeit, aber überragend ist der Track leider nicht, besonders in der Hook und der schnöden Aufzählerung wer jetzt alles down mit dem Hill ist. Zugute halten könnte man, dass hier ein etwas flinkeres Weed-Anthem ausprobiert wird. 7/10.

8. Get 'Em Up (Produktion: B-Real)
Dieses Stück war der erste vollständig releaste Track (u.a. auf dem OST des Spiels Madden 2010 zu finden). Ein böses Omen dazu: Eine Produktion von B-Real, die wie alle anderen nicht grottenschlecht, aber auch nur durchschnittlich ist. Pluspunkt ist hier wieder Sen Dog, auch wenn sein Intro schon etwas bescheuert anmutet. 6/10

9. Carry Me Away (Gast & Produktion: Mike Shinoda)
Von allen Gästen dürfte dieser Name in der Liste besonders in Auge fallen und bei den ganz harten Hardcore-Leuten zu einem Herzinfarkt führen. Doch eine kurze Story vorneweg: Shinoda hat für den Rapper Apathy auf dessem neuen Album einen Track namens "Shoot First" produziert, auf dem auch B-Real vertreten ist. Und zu Überraschung aller klang dieses Stück verdammt nach 1993. Auch B-Real ist einfach grandios auf diesem Track. Also hat der Optimist ein ähnliches Stück erwartet.
Leider ist "Carry Me Away" kein zweites "Shoot First" und ziemlich gewöhnungsbedürftig. Mit einem schmachtenden Shinoda an der Hook werde ich wohl nie warm, dafür ist die erzählte Story gut und auch die Produktion in Ordnung, wenngleich sie in gewisser Weise schon typisch Linkin Park zugeordnet werden kann. Na ja. Im Moment: 6/10, vielleicht wirds aber noch besser.

10. Trouble Seeker (Produktion: Daron Malakin)
Obwohl ich den Gitarristen von System of a down nicht mag, liefert er hier doch einen echt geilen Song ab. Der Track klingt wie zu besten Skull & Bones-Zeiten und ist, für Cypress-Verhältnisse in ihrer Rocksparte, sehr klassisch geraten. Mehr muss man auch nicht sagen. Wer die Bones-Seite mochte, wird den Track lieben. 9/10

11. Take My Pain Away (Gast: Everlast, Produktion: DJ Khalil & DJ Muggs)
Der zweite Khalil/Muggs-Track ist ebenfalls eher schlecht. Sen Dog ist nicht vertreten und so muss B-Real alleine ran, während Everlast, ebenfalls langjähriger Kollege, ihn auf der Hook unterstützt. Nun gut, unterstützt ist das falsche Wort, denn was hier als Hommage an die Doors gesungen werden sollte, klingt einfach grässlich. Und auch beatmäßig hat Khalil schon besseres verzapft. Nach dem ersten Hören war ich eher schockiert, mittlerweile geht es. Aber nur etwas. 4.5/10

12. I Unlimited (Produktion: B-Real)
Man kann sich schon denken, was jetzt kommt: Durchschnittliche, ewig im loop hängende B-Real-Produktion. Dafür wird ein wenig rumgescratcht, was zumindest dahingehend Abwechslung verspricht. Weiterhin ist die Hook, wie auf einigen anderen Tracks auch, eher lahm. Dafür aber entschädigt der Track, wenigstens meiner Meinung nach, vieles durch das erwähnte abwechselnde Auftreten der beiden Rapper. Daher gibts 7/10 für das Ding, das trotz der negativen Aspekte irgendwie Gefallen bei mir findet.

13. Armed & Dangerous (Produktion: Jake One & B-Real)
Inhaltlich ist der Track mit dem Hinweis auf eine üppige Bewaffnung eher belanglos. Aber schlecht eigentlich nicht. Jake One, der u.a. mit Slug von Atmosphere gearbeitet hat, ist außerdem ein vielversprechender Produzent und lässt den Song glücklicherweise mehr nach sich als nach B-Real klingen. Ein Teil fürs Auto. 7/10

14. Shut 'Em Down (Gast: Tom Morello, Produktion: Tom Morello & B-Real)
Der zweite Beitrag mit Morello beginnt mit einem verdammt bluesigen Intro, ehe er ähnlich wie "Trouble Seeker" in dieser Rockausrichtung verdammt nach alten Cypresstagen klingt. Dieser Track hier ist zwar nicht ganz so gut wie "Rise Up", aber doch ebenfalls eines der guten Stücke des Albums. 8/10

15. Armada Latina (Gäste: Pitbull & Marc Anthony, Produktion: Jim Jonsin)
Hierzu wieder ein tolles Zitat: "Glad I never got that cypress hill tattoo… the homies would beat my ass after hearing this new gay shit". Nun, ist es wirklich so schlimm? Ich finde nicht. Während der Track entweder maßlos gehasst oder zum nächsten Sommerhit verklärt wird, ist dieses Stück nicht so gut wie die andere Latinsongs von Cypress wie "Latin Lingo", "Tequila Sunrise", "Lowrider" oder "Latin Thugs". Das liegt daran das sowohl B-Real und gerade auch Sen Dog auf den besagten Tracks besseres abliefern. Zweitens ist die Produktion auf jeden Fall gut, aber ebenfalls nicht so organisch wie zum Beispiel bei Tequila Sunrise, das noch mit extra eingespielten Instrumen daherkommt. Drittens dürfte nicht jeder mit den Gästen warm werden. Pitbull liefert in der Regel Scheußliches ab, während man Marc Anthony einfach nicht mit dem Hill in Verbindung bringen würde. Aber mir gefällts. 7/10

Noch eine kurze Statistik (Empiriker eben): Insgesamt gäbe es 150 Punkte zu erreichen. Wenn ich mich nun nicht verrechnet habe, erhält Rise Up aufgerundet (wir wollen mal nicht so sein) 96 Punkte. Noch interessanter ist aber, dass zumindest ich keinem Track die Maximalpunktezahl vergeben würde, also das Album einen Track hätte, welcher nach Cypress-Maßstäben perfekt wäre. Würde mir jemand eines der Vorgängeralben vor die Füße werfen, fänden sich da mehr als genug. Freilich bin ich bei der Bewertung dieses Albums besonders kritisch gewesen, was aber nur an der hohen Messlatte liegt, welche der Hill über die Jahre hinweg selbst so hoch gehängt hat.
Noch ein kurz zur Aufmachung der CD-Hülle sowie des Booklets: Gut, aber irgendwie wirkte es auch ein wenig wie von RATM recyclet. Der Cypress-Stil stand immer für Totenköpfe. Warum nun olle wehende Fahnen? Immerhin passen sie zu den Revoluzzer-Skits vor einigen Tracks, wenngleich dieses Gehabe natürlich recht ausgelutscht ist.

Das Fazit: Produktion in vielerlei Hinsicht flop, Lyrics durchschnittlich bis top. Cypress Hill bietet einerseits klassisches Material und hat sich auch weiter entwickelt, ohne jedoch in beiderlei Hinsicht wirklich komplett überzeugen zu können. Zumindest die drei Rocktracks sind sehr gut geraten, was dem Hill in der breiten Masse sicher positive Rückmeldungen für diesen Longplayer bescheren wird.
Was dem Album gut getan hätte, wäre, wenn DJ Muggs schon selbst kein Interesse mehr an der Gruppe zeigt die ihn groß gemacht hat, einfach Produzenten, die wissen müssten wie der Hill klingen sollte. The Alchemist, rappender Gast auf "Pass The Dutch", fiele mir da sofort ein, gerade wo sich doch Gerüche darum ranken er hätte ein Großteil der Samples von Temples of Boom mitverantwortet! Auch den guten Fredwreck könnte man mal wieder anrufen, so der mal wieder auf was anderes Lust hätte als auf Produktionen für Britney Spears. Oder eben man verhilft Pete Rock zu positiven Meldungen und setzt gleich 5 bis 6 Tracks auf die Tagesanordnung anstatt nur einen. Und eben: B-Real gehört geschlagen für seine Beats.
Alles in allem also ein eher misslungenes Comeback für das es viele Gründe gibt. Jedoch kann man glücklicherweise immer noch sagen, dass Cypress Hill selbst mit einem schlechten Album besser klingen als viele, viele andere Hip-Hop-Künstler dieser Tage.

(geschrieben von E.W.)

Donnerstag, 15. April 2010

... but we say!

Die Lostprophets hab ich beim letzten Eintrag glatt vergessen zu erwähnen. Die sind nämlich auch eine der Bands, die musikalisch einen ziemlich großen Einfluss auf mich und meinen musikalischen Werdegang hatten. Need for Speed sei Dank hab ich vor ca. 7 Jahren "To hell we ride" gehört und kurze Zeit später das Album gekauft. Kurz darauf war's um mich geschehen, die Platte ist so oft gelaufen dass sie im wahrsten Sinne des Wortes kaputtgehört wurde: sie geht wirklich nicht mehr, zuviele Gebrauchsspuren.
Sei’s drum, dafür sind die jetzt etwas ausführlicher dran. Der Grund dafür: die Tour zum aktuellen Album „The Betrayed“. Gestern machte der Tourtross im Wiesbadener Schlachthof Halt und ich konnte die Jungs endlich mal in einem Club sehen, bisher hab ich sie nur einmal bei Rock am Ring im Jahr 2008 gesehen und der Auftritt war ziemlich gut. Und da Konzerte im kleineren Rahmen ja meist besser als Festival-Gigs sind, machte ich mich selbstverständlich auf den Weg in die hessische Landeshauptstadt.
Die aktuelle Langrille knüpft stilistisch an den recht poppigen Vorgänger „Liberation Transmission“ an, auch wenn sie insgesamt etwas düsterer ausfällt. Die rohen Zeiten von „Thefakesoundofprogress“ oder „Start something“ sind zwar (leider?) vorbei, aber live bekommt man solche Perlen wie „Last train home“ oder „Shinobi vs Dragon Ninja“ noch immer zu hören. Und um eines schonmal vorweg zu nehmen: diese Songs haben geknallt wie sonstnix!
Aber der Reihe nach, erstmal mussten wir den Support der Waliser, The Blackout über uns ergehen lassen. Meine Begleitung formulierte das ganz passend mit „Die sind wie Simple Plan, nur lauter.“ Da half es auch nicht, dass die ersten beiden Songs noch etwas derber zur Sache gingen aber der Wechsel zwischen (screamo-)Geschrei von Sänger Nr. 1 und süßlich poppigem Gesang von Sänger Nr. 2 machte das Ganze nicht wirklich erträglicher, eher im Gegenteil. Dem Großteil des Publikums scheint’s aber gefallen zu haben, es waren einige Blackout-Shirts zu sehen. Und auch das bekannte „Ihr kniet euch alle hin und wenn der Song losgeht springt ihr alle“-Spielchen lief ganz gut, auch wenn die Bengels recht lange betteln mussten damit ein paar Herren in den vorderen Reihen sich auch hinknieten. Ich fand’s aber ehrlich gesagt auch ziemlich panne, dass man sich vorne hinstellt und bei sowas Spielverderber spielt. Wenn man auf die Vorband keinen Bock hat, stellt man sich an die Bar, trinkt Bier und schreit vielleicht noch in den Songpausen „Slayer“…
Nach den beiden ersten Songs kam dann zumindest bei mir große Langeweile auf, denn nach dem zugebenermaßen recht flotten Einstieg gab es nun knappe 30min Pop-Punk/Collegerock/Mädchen-/wasweißich-Musik. Das hat man alles schon zigmal „in besser“ gehört, selbst die vorhin zum Vergleich herangezogenen Simple Plan haben mir live besser gefallen. Der letzte Song rumpelte zwar nochmal recht derbe durch die PA, aber selbst Blastbeats haben das Ganze nicht wirklich aufgewertet. Wir haben uns jedenfalls geärgert, dass wir nicht doch einen Zug später genommen haben.
Die Umbaupause vor den Lostprophets zog sich dann über eine knappe Dreiviertel-Stunde, obwohl bis auf die Mikros das gesamte Equipment schon bereit stand. Viel zu lange für meinen Geschmack, soviel Zeit dürfen sich nur Metallica lassen. Immerhin lief in der Zeit NOFX aus der Konserve, aber auch die können keine 45min bei Laune halten.
Los ging’s dann endlich mit dem Opener der neuen Scheibe, „If it wasn’t for hate, we’d be dead by now“. Und sofort Schock Nr. 1: Sänger Ian Watkins Stimme war so dermaßen wackelig und heiser/erkältet/sonstwas, dass er fast den gesamten Song über die Gesangslinien veränderte und so tief wie möglich sang. Bei dem Zustand der Stimme allzu verständlich aber doch irgendwie schade. Enttäuschung Nr. 2 folgte dann auf dem Fuße, denn anstatt (wie auf Platte und wie von mir erwartet) gleich den härtesten Song der neuen Scheibe Dstryer/Dstryer hinterzuballern, gab es eine kleine Pause und dann die Single „It’s not the end oft he world, but I can see it from here“. Fand ich persönlich schade, denn nach dem stimmungsaufbauenden Einstieg hätte man gleich die Halle auf Betriebstemperatur bringen können. Ob’s nun an der Songauswahl lag, an der in der ersten Hälfte nicht stattfindenen Kommunikation mit dem Publikum oder an der stimmlichen Schwäche von Watkins… ich weiß es nicht. Bei „Burn, burn“ im Anschluss ging das Stimmungsbarometer zwar in die Höhe und stieg kontinuierlich an aber erst bei „Last train home“ kochte die Stimmung über. Was da abging war unfassbar: die gesamte Halle springt, singt lautstark mit und spätestens zu dem Zeitpunkt war Watkins seltsamerweise stimmlich (fast) voll auf der Höhe und die Band grinste wie eine Bande Honigkuchenpferde. Ich liebe diesen Song und befand mich da auch in einem Zustand völliger Glückseligkeit.

Ein paar Songs später wurde mit „Everyday combat“ und dem Rausschmeißer „Shinobi vs Dragon Ninja“ vom Debüt „Thefakesoundofprogress“ (2000) leider schon der reguläre Teil des Sets beendet. Es ging natürlich das übliche Zugabe-Spielchen los und nach „The light that burns as twice as bright“, das Ian alleine singend beendete und erleichtert den Mikroständer umknallte, war dann nach ca. 85min endgültig Schluss.

Insgesamt war es ein tolles Konzert, trotz der „Startschwierigkeiten“. Besonders hervorheben muss dabei auf jeden Fall den Keyboarder, der Ian viel Gesang abnahm, insbesondere das Geschrei und seine Sache wirklich fantastisch machte. Außerdem gab es viele Improvisation, u.a. „Eye of the tiger“ und „Time of my life“ (sic!), die jeweils als Intro für einen regulären Song dienten. In der zweiten Konzerthälfte wurde auch viel mit dem Publikum geredet, was der Stimmung sehr zu Gute kam. So wurde man aufgefordert einen Song von Lady Gaga zu singen, aber dem kam das Publikum nicht nach und sang stattdessen „Du hast die Haare schön“. Fanden die aber auch gut, Ian konterte das dann einfach mit ein paar Deutsch-Brocken ala „Deutschland, ich lieben Dir“ oder „Das war ein bisschen scheiße“. Und klar, wir waren natürlich das beste Publikum der Tour. Wie jede andere Stadt wahrscheinlich auch ;)
Was dem Konzert ebenfalls gut tat: Der Schlachthof war nicht ausverkauft und deswegen das hintere Drittel der Halle abgehängt. Trotzdem war der offene Teil der Halle ziemlich voll und es kam sogar etwas Clubatmosphäre auf. Im kleineren Rahmen kommen die Songs einfach besser als Mittags auf einer riesigen Festival-Bühne.
Die Show wurde außerdem für eine DVD gefilmt, in der Halle standen überall Kameras verteilt und die Band wies während der Show auch darauf hin, was vom Publikum mehr als wohlwollend aufgenommen wurde. Man darf gespannt sein ob das mitgeschnittene Material irgendwann veröffentlicht wird. Ich fänd’s natürlich toll, insbesondere wenn sie das nicht groß nachbearbeiten und den holprigen Anfang so lassen wir er ist. Aber warten wir es ab.
Den „Last train home“ haben wir dann auch bekommen.
Der Abend war schön :)

Die Setlist (keine Gewähr für die Richtigkeit und Reihenfolge, die ist nämlich vom Tilburger Konzert aber müsste eigentlich mit der Show in Wiesbaden übereinstimmen):

If It Wasn't For Hate We'd Be Dead By Now
It's Not The End Of The World But I Can See It From Here
Burn Burn
Darkest Blue
A Better Nothing
Start Something
Can't Catch Tomorrow (Good Shoes Won't Save You This Time)
Last Summer
For He's A Jolly Good Felon
A Town Called Hypocrisy
Last Train Home
Where We Belong
Rooftops (A Liberation Broadcast)
Everyday Combat
Shinobi Vs. Dragon Ninja

The Light That Burns Twice As Bright