Donnerstag, 15. April 2010

... but we say!

Die Lostprophets hab ich beim letzten Eintrag glatt vergessen zu erwähnen. Die sind nämlich auch eine der Bands, die musikalisch einen ziemlich großen Einfluss auf mich und meinen musikalischen Werdegang hatten. Need for Speed sei Dank hab ich vor ca. 7 Jahren "To hell we ride" gehört und kurze Zeit später das Album gekauft. Kurz darauf war's um mich geschehen, die Platte ist so oft gelaufen dass sie im wahrsten Sinne des Wortes kaputtgehört wurde: sie geht wirklich nicht mehr, zuviele Gebrauchsspuren.
Sei’s drum, dafür sind die jetzt etwas ausführlicher dran. Der Grund dafür: die Tour zum aktuellen Album „The Betrayed“. Gestern machte der Tourtross im Wiesbadener Schlachthof Halt und ich konnte die Jungs endlich mal in einem Club sehen, bisher hab ich sie nur einmal bei Rock am Ring im Jahr 2008 gesehen und der Auftritt war ziemlich gut. Und da Konzerte im kleineren Rahmen ja meist besser als Festival-Gigs sind, machte ich mich selbstverständlich auf den Weg in die hessische Landeshauptstadt.
Die aktuelle Langrille knüpft stilistisch an den recht poppigen Vorgänger „Liberation Transmission“ an, auch wenn sie insgesamt etwas düsterer ausfällt. Die rohen Zeiten von „Thefakesoundofprogress“ oder „Start something“ sind zwar (leider?) vorbei, aber live bekommt man solche Perlen wie „Last train home“ oder „Shinobi vs Dragon Ninja“ noch immer zu hören. Und um eines schonmal vorweg zu nehmen: diese Songs haben geknallt wie sonstnix!
Aber der Reihe nach, erstmal mussten wir den Support der Waliser, The Blackout über uns ergehen lassen. Meine Begleitung formulierte das ganz passend mit „Die sind wie Simple Plan, nur lauter.“ Da half es auch nicht, dass die ersten beiden Songs noch etwas derber zur Sache gingen aber der Wechsel zwischen (screamo-)Geschrei von Sänger Nr. 1 und süßlich poppigem Gesang von Sänger Nr. 2 machte das Ganze nicht wirklich erträglicher, eher im Gegenteil. Dem Großteil des Publikums scheint’s aber gefallen zu haben, es waren einige Blackout-Shirts zu sehen. Und auch das bekannte „Ihr kniet euch alle hin und wenn der Song losgeht springt ihr alle“-Spielchen lief ganz gut, auch wenn die Bengels recht lange betteln mussten damit ein paar Herren in den vorderen Reihen sich auch hinknieten. Ich fand’s aber ehrlich gesagt auch ziemlich panne, dass man sich vorne hinstellt und bei sowas Spielverderber spielt. Wenn man auf die Vorband keinen Bock hat, stellt man sich an die Bar, trinkt Bier und schreit vielleicht noch in den Songpausen „Slayer“…
Nach den beiden ersten Songs kam dann zumindest bei mir große Langeweile auf, denn nach dem zugebenermaßen recht flotten Einstieg gab es nun knappe 30min Pop-Punk/Collegerock/Mädchen-/wasweißich-Musik. Das hat man alles schon zigmal „in besser“ gehört, selbst die vorhin zum Vergleich herangezogenen Simple Plan haben mir live besser gefallen. Der letzte Song rumpelte zwar nochmal recht derbe durch die PA, aber selbst Blastbeats haben das Ganze nicht wirklich aufgewertet. Wir haben uns jedenfalls geärgert, dass wir nicht doch einen Zug später genommen haben.
Die Umbaupause vor den Lostprophets zog sich dann über eine knappe Dreiviertel-Stunde, obwohl bis auf die Mikros das gesamte Equipment schon bereit stand. Viel zu lange für meinen Geschmack, soviel Zeit dürfen sich nur Metallica lassen. Immerhin lief in der Zeit NOFX aus der Konserve, aber auch die können keine 45min bei Laune halten.
Los ging’s dann endlich mit dem Opener der neuen Scheibe, „If it wasn’t for hate, we’d be dead by now“. Und sofort Schock Nr. 1: Sänger Ian Watkins Stimme war so dermaßen wackelig und heiser/erkältet/sonstwas, dass er fast den gesamten Song über die Gesangslinien veränderte und so tief wie möglich sang. Bei dem Zustand der Stimme allzu verständlich aber doch irgendwie schade. Enttäuschung Nr. 2 folgte dann auf dem Fuße, denn anstatt (wie auf Platte und wie von mir erwartet) gleich den härtesten Song der neuen Scheibe Dstryer/Dstryer hinterzuballern, gab es eine kleine Pause und dann die Single „It’s not the end oft he world, but I can see it from here“. Fand ich persönlich schade, denn nach dem stimmungsaufbauenden Einstieg hätte man gleich die Halle auf Betriebstemperatur bringen können. Ob’s nun an der Songauswahl lag, an der in der ersten Hälfte nicht stattfindenen Kommunikation mit dem Publikum oder an der stimmlichen Schwäche von Watkins… ich weiß es nicht. Bei „Burn, burn“ im Anschluss ging das Stimmungsbarometer zwar in die Höhe und stieg kontinuierlich an aber erst bei „Last train home“ kochte die Stimmung über. Was da abging war unfassbar: die gesamte Halle springt, singt lautstark mit und spätestens zu dem Zeitpunkt war Watkins seltsamerweise stimmlich (fast) voll auf der Höhe und die Band grinste wie eine Bande Honigkuchenpferde. Ich liebe diesen Song und befand mich da auch in einem Zustand völliger Glückseligkeit.

Ein paar Songs später wurde mit „Everyday combat“ und dem Rausschmeißer „Shinobi vs Dragon Ninja“ vom Debüt „Thefakesoundofprogress“ (2000) leider schon der reguläre Teil des Sets beendet. Es ging natürlich das übliche Zugabe-Spielchen los und nach „The light that burns as twice as bright“, das Ian alleine singend beendete und erleichtert den Mikroständer umknallte, war dann nach ca. 85min endgültig Schluss.

Insgesamt war es ein tolles Konzert, trotz der „Startschwierigkeiten“. Besonders hervorheben muss dabei auf jeden Fall den Keyboarder, der Ian viel Gesang abnahm, insbesondere das Geschrei und seine Sache wirklich fantastisch machte. Außerdem gab es viele Improvisation, u.a. „Eye of the tiger“ und „Time of my life“ (sic!), die jeweils als Intro für einen regulären Song dienten. In der zweiten Konzerthälfte wurde auch viel mit dem Publikum geredet, was der Stimmung sehr zu Gute kam. So wurde man aufgefordert einen Song von Lady Gaga zu singen, aber dem kam das Publikum nicht nach und sang stattdessen „Du hast die Haare schön“. Fanden die aber auch gut, Ian konterte das dann einfach mit ein paar Deutsch-Brocken ala „Deutschland, ich lieben Dir“ oder „Das war ein bisschen scheiße“. Und klar, wir waren natürlich das beste Publikum der Tour. Wie jede andere Stadt wahrscheinlich auch ;)
Was dem Konzert ebenfalls gut tat: Der Schlachthof war nicht ausverkauft und deswegen das hintere Drittel der Halle abgehängt. Trotzdem war der offene Teil der Halle ziemlich voll und es kam sogar etwas Clubatmosphäre auf. Im kleineren Rahmen kommen die Songs einfach besser als Mittags auf einer riesigen Festival-Bühne.
Die Show wurde außerdem für eine DVD gefilmt, in der Halle standen überall Kameras verteilt und die Band wies während der Show auch darauf hin, was vom Publikum mehr als wohlwollend aufgenommen wurde. Man darf gespannt sein ob das mitgeschnittene Material irgendwann veröffentlicht wird. Ich fänd’s natürlich toll, insbesondere wenn sie das nicht groß nachbearbeiten und den holprigen Anfang so lassen wir er ist. Aber warten wir es ab.
Den „Last train home“ haben wir dann auch bekommen.
Der Abend war schön :)

Die Setlist (keine Gewähr für die Richtigkeit und Reihenfolge, die ist nämlich vom Tilburger Konzert aber müsste eigentlich mit der Show in Wiesbaden übereinstimmen):

If It Wasn't For Hate We'd Be Dead By Now
It's Not The End Of The World But I Can See It From Here
Burn Burn
Darkest Blue
A Better Nothing
Start Something
Can't Catch Tomorrow (Good Shoes Won't Save You This Time)
Last Summer
For He's A Jolly Good Felon
A Town Called Hypocrisy
Last Train Home
Where We Belong
Rooftops (A Liberation Broadcast)
Everyday Combat
Shinobi Vs. Dragon Ninja

The Light That Burns Twice As Bright

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