Montag, 12. April 2010

Quo vadis, Musikgeschmack?

Sie sind selten geworden, diese Momente in denen eine neue, bisher unbekannte Band einen den Atem anhalten lässt. Zuviel hat man schon gehört, so ziemlich alle Genres abgegrast, die Perlen raus gepickt und liebevoll auf die Kette gefädelt, welche den eigenen Musikgeschmack darstellt. Gänzlich neues findet man so gut wie gar nicht mehr, nur noch Bands, die dem bisher Bekannten eine kleine Prise Innovation hinzufügen.
Das ist eigentlich irgendwie schade, weil gerade die Phasen, in denen man eine völlig neue Musikrichtung für sich entdeckt hat, im Rückblick häufig die spannendsten waren die man in der Hinsicht erlebt hat.
In meinem Fall sah das so aus: um das Jahr 2000 herum überflutet eine Welle, die sich New Metal nennt sämtliche Musiksender des Landes und legt bei mir den Grundstein für meinen musikalischen Werdegang. Es gab wohl kaum einen pickligen (Möchtegern-) Teenager, der sich dem Album „Chocolate Starfish and the Hotdog Flavoured Water“ von Limp Bizkit irgendwie entziehen konnte. Was heute unter den besonders trven Kollegen als peinliche Jugendsünde gern unter den Tisch gekehrt wird, ist für viele (inklusive meiner Wenigkeit) immer noch geiler Scheiß. Ich bin wohl nicht der Einzige, der selbst nach jahrelangem Nicht-Hören der Platte wahrscheinlich noch jedes der „46 fucks in this fucked up rhyme“ mitgrölen kann.
Der nächste Meilenstein kam dann in Gestalt von System Of A Down, die mit „Toxicity“ 2001 wohl eines der wichtigsten Metal-Alben des neuen Jahrtausends auf die Menschheit losließen. Ähnlich wie Limp Bizkit hatten die 4 Herren eine ähnliche Wirkung auf mich, den damals 12-jährigen Bengel, der so langsam begriff dass es neben Good Charlotte und ähnlich harmlosen Konsorten auch ernstzunehmende Musik gibt. Ich hab keine Ahnung, wie oft ich mir bisher dieses Album reingepfiffen habe, damals lief das den ganzen Tag rauf und runter. Wochen- und monatelang.
Im Jahr 2003 schickte sich dann eine Band an, der Welt zu beweisen dass sie immer noch Feuer unterm Hintern hat und man auch mit Blechtrommeln gehörig Arsch treten kann. Die Rede ist natürlich von Metallica, deren Album „St. Anger“ zumindest mir so dermaßen die Fresse polierte, trotz des Sounds, den man eher bei einer weitestgehend talentfreien Möchtegern-Metalband aus Hintertrottelshausen vermutet, die mit Muttis Kochgeschirr und dem Kassetten-Rekorder der kleinen Schwester ihre musikalischen Ergüsse auf Band hauen musste.
Nachdem ich mir die gesamte Diskographie gezogen hatte, schwang sich Metallica zur Lieblingsband #1 auf. Diesen Status hat sie bis heute, auch wenn sie sich diesen Platz mit einer Band teilen muss, die mit einer musikalischen Welle, die gerne als „Mädchenmetal“ bezeichnet wurde, in mein Blickfeld geriet:
As I Lay Dying
Irgendwann im Jahr 2005 lief auf Viva noch gute Musik, leider immer erst recht spät. So kam es dass ich völlig übermüdet irgendwann nachts das erste Mal das Video zu „Confined“ sah. Ehrlicherweise hat mich damals diese Mischung aus fiesem Gebolze, Growls und Klargesang ziemlich eingeschüchtert. Das war nämlich um einiges härter als das, was Bullet For My Valentine mit ihrer ersten EP aufgefahren hatte. Jene hatten kurz zuvor einiges an Aufsehen erregt, im Freundeskreis wurden die gnadenlos abgefeiert. Bands wie Trivium, die ungefähr zeitgleich ihre Alben auf den Markt brachten, zogen einen ganz schön großen Rattenschwanz an Nachahmern mit sich, von denen der Großteil glücklicherweise wieder verschwunden ist.
Das war’s dann aber auch für eine lange Zeit mit „richtigen“ Neuentdeckungen, es gesellten sich lediglich ein paar hoch talentierte Bands dazu. Erwähnenswert sind da z.B. Darkest Hour, eine der ersten Bands die Hardcore und Metal mischten und bis heute fast mit die wichtigste in dem Genre.
2009 gab’s dann endlich mal wieder einen „Knall“: irgendwo schon immer im Hinterkopf gehabt (Berichte in einschlägigen Musikmagazinen sei Dank), platzten auf einmal Mastodon mit einem Album herein, dass mit Sicherheit in ein paar Jahren Klassikerstatus hat. Das Meisterwerk „Crack the skye“ war zwar weniger hart als die Vorgänger, doch nach meiner Ansicht besser als alles, was die 4 Amis zuvor veröffentlicht haben. 7 sehr intensive, alle möglichen Rockarten (von 70’er-Jahre-Rock bis Sludge und Progressive) vereinende Songs, ca. 50min Laufzeit, tolles Artwork und eine abgefahrene Story über einen behinderten, im Rollstuhl sitzenden Jungen … all das ergibt das mit Abstand beste Album des vergangenen Jahres. Der ergreifende Refrain von „Oblivion“ sowie die überlangen Songs „The last baron“ und „The czar“ sind so einnehmend dass ich über Wochen fast nichts anderes gehört habe.
Und da nunmal die Progressive-Schublade offen war, hab ich Ende letzten Jahres eine weitere fantastische Band kennengelernt: Opeth
Diesen Stilmix aus Death Metal, Progressive und Rock mit akustischen Elementen kann man anfangs als gewöhnungsbedürftig empfinden aber wenn man sich drauf einlässt entdeckt man unglaublich fantastische Musik. Ausschlaggebend dafür ist Band-Kopf Mikael Åkerfeldt, dessen Gesang zwischen tiefen Growls und wunderschönem, klaren Gesang wechselt. Die Songs sind zumeist länger als 5min, häufig überschreiten sie auch die 10min-Marke. Melancholisch, aufwühlend, zum Nachdenken anregend und mitreißend. Gerade für Herbst- und Wintertage geeignet und definitiv zeitlos.
Und diese Band ist eigentlich der Grund für diesen Eintrag, ich hab mich nämlich nach dem ersten Durchgang der „Watershed“ gefragt: Wann hat Dich eigentlich das letzte Mal Musik so geflashed? Klar, Mastodon aber davor gab es lange nicht mehr diesen absoluten „Wow!“-Effekt. Ansatzweise war das noch bei Gojira der Fall, einer (oh Wunder!) progressiven Death Metal-Band aus Frankreich. Irgendwie scheint lediglich diese Sparte dieses „So was Geiles hab ich schon lange nicht mehr gehört!“-Gefühl auszulösen.
Aber warten wir mal die neue As I Lay Dying-Platte „The powerless rise“ ab, darauf warte ich schon ganz hibbelig. Fanboy und so ;)

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